Dienstag, 31. März 2009

Wie vernichtet man 40 Billionen Euro?

Die Mehrheit der Menschen auf der Welt arbeitet für Geld. Viele hoffen auf Geld. Manche leben für Geld. Und etliche Leute leben von dem Geld, das andere erarbeiten. Zum Beispiel die meisten Banker. Aber kaum ein Mensch hat sich je Gedanken darüber gemacht, was Geld eigentlich ist, wie es entsteht, funktioniert und verschwindet.

Bezüglich der aktuellen Finanzkrise ist die Rede davon, dass 50 Billionen Dollar bzw. 40 Billionen Euro vernichtet wurden. In Ziffern: 40.000.000.000.000 Euro. Zum Vergleich: Das wären in Deutschland etwa 487.000 Euro pro Kopf. Aber wie kann man denn Geld vernichten? Und dann auch noch in solch rauen Mengen? Haben die Banken den ganzen Winter über mit Geldscheinen geheizt? Normalerweise wandert Geld doch immer nur vom Säckel des einen in das Säckel eines anderen, oder? Auf welche Weise geht dabei denn etwas verloren? Kurioser Weise kommt an dieser Stelle selbst mancher Wirtschaftsprofessor ins Stocken. Denn auch in der Wirt­schaftstheorie denkt kaum ein Wissenschaftler über das Wesen des Geldes nach. Es wird als natürliche Rahmenbedingung vorausge­setzt.

Das ist freilich völliger Unsinn. Denn Geld ist eine menschliche Erfindung. Und seine Mechanismen basieren auf menschlichen Vereinbarungen. Diese Absprachen und die daraus abgeleiteten Strukturen (Banken, Börse etc.) werden Geld- oder Finanzsystem genannt. Aber diejenigen, die für diese Konventionen verantwortlich sind, haben kein Interesse daran, dass die Menschen das Finanz­system verstehen. Im Gegenteil. Laut einem Artikel des Monats­magazins American Mercury vom Oktober 1957 soll Henry Ford, der Gründer der US-amerikanischen Ford-Automobilwerke einmal sinn­gemäß gesagt haben:

"Es ist gut, dass die Menschen unseres Landes unser Banken- und Finanzsystem nicht verstehen. Denn ich glaube, wenn sie es verstehen würden, gäbe es eine Revolution noch vor morgen früh."

Wer der Finanzkrise auf die Schliche kommen will, der muss sich ein bisschen mit der absurden Funktionsweise unseres Finanzsystems auseinander setzen. Ein guter Anfang dafür ist die folgende Zeichentrick-Dokumentation mit dem Titel "Warum überall Geld fehlt - Gib mir die Welt plus 5 Prozent". Sie gibt die tatsächliche Entwicklung des Bankwesens anhand der fiktiven "Geschichte vom Gold­schmied Fabian" sehr anschaulich wieder.

Zum Ansehen des hier hinterlegten Filmchens bedarf es eines aktuellen Flash-Plugins.

In etwas besserer Vollbild-Qualität lässt sich dieser Film übrigens auf der Webseite NeueImpulse.org abspielen.

Autor: Root   
Thema:  Krise, Wirtschaft
Veröffentlicht: 31.03.2009, 23:54 Uhr

Wird eigentlich alles immer schlimmer? "Ja!" stöhnen die ewig Gestrigen zusammen mit den Welt­untergangs­fanatikern und Kultur­pessimisten im Chor. Verdrängt ist die Zeit vor 1950, vergessen das Buch "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch", das man einst in der Schule las. Oder wird vielmehr alles besser? "Natürlich!" hört man die Kant-geschädigten Fortschritts­anbeter und die unverbesser­lichen Optimisten sagen. Ausgeblendet ist der Fakt, dass die ver­hängnis­vollsten Kriege und die größten Völkermorde ein Phänomen der Neuzeit sind. Aber beide Überzeugungen bleiben in Wahrheit ohnehin recht substanzlos und ragen nicht sehr tief ins reelle Leben hinein. Wer würde schon wirklich unbesehen in eine Epoche der Vergangenheit oder Zukunft umziehen, wenn sich ihm die Gelegen­heit dazu böte?

Offenbar müssen wir uns mit dem Wissen begnügen, dass sich unsere Welt vor allem zyklisch verändert. Dinge entstehen und vergehen wieder. Hundertfach. Gleichzeitig. Gegenläufig. In einer Hinsicht geht es aufwärts, in einer anderen bergab. An einem Ende der Erde arbeiten sich die Menschen nach oben, am anderen richten sie sich gerade zugrunde. Wann das große Finale dieser Welt im Terminkalender des Schöpfers steht, muss uns vielleicht gar nicht so sehr kümmern. Die individuelle Apokalypse - der eigene Tod - ist uns vermutlich viel näher und lässt sich auch wesentlich besser einkalkulieren. Darüber sollten wir uns weder mit rosigen Zukunfts­fantasien, noch mit atemloser Endzeit­hysterie hinweg täuschen.


© Eremit :: Endzeit

Doch so logisch dies alles sein mag, so fern liegt es uns meist, die notwendigen Schlüsse zu ziehen. Irgendwie lässt uns die Vernunft im Stich, sobald wir mit den wichtigen Fragen konfrontiert werden. Was ist der Sinn deines Lebens? "Entschuldigung, ich muss zur Arbeit!" Was möchtest du am Ende erreicht haben? "Frag mich das doch nicht gerade jetzt im Supermarkt!" Was passiert eigentlich nach dem Tod mit dir? "Verdirb mir bitte nicht mitten beim Essen den Appetit!" Wie kannst du deine Zeit auf der Erde sinnvoll nutzen? "Tut mir leid, ich bin völlig übermüdet!" Aber erst, wenn wir diese Fragen beantwortet haben, können wir uns einigermaßen unbefangen der Realität widmen.

Und die Wirklichkeit unserer Tage sieht so aus, dass wir uns vorsichtshalber auf eine Verschlechterung der Lage einstellen sollten. Denn derzeit gibt es mehrere akute und reale Bedrohungen für Deutschland und Europa, darunter:

  • Eine Eskalation der Finanzkrise
  • Die massive Zunahme genmanipulierter Nahrung
  • Die Verteuerung von Lebensmitteln und Wasser
  • Die schleichende Einrichtung einer EU-Diktatur

Das schreibe ich nicht, um mit dem uns Deutschen so lieb gewordenen Pessimismus vom Fernsehsofa aus eine neue Unter­gangs­stimmung zu schüren. Vielmehr möchte ich ankün­digen, dass sich die Beiträge dieses Blogs in nächster Zeit überwiegend mit jenen Gefahren auseinander setzen werden. Nicht zuletzt, um mit einer nüchternen Analyse unserer derzeitigen Entwicklungs­situation dem Ausbruch von kontraproduktiver Panik vorzubeugen und statt­dessen unkomplizierte und vernünftige Möglichkeiten zur Vorsorge aufzuzeigen. Aber weckt das nicht trotzdem Ängste? Das kann passieren. Ein gesundes Maß an Angst verlängert jedoch gewöhnlich das Leben. Weil sie uns umsichtig macht. Und weil sie uns nach dem suchen lässt, das wirklich Halt verspricht. Jenseits von Geld und Wohlstand, abseits von Einfluss und Ansehen, unabhängig von Schönheit und Gesundheit.

Zum Schluss noch ein Zitat von Erich Kästner:

"Wird's besser?
Wird's schlimmer?"
fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich:
Leben ist immer
lebensgefährlich.

Autor: Root   
Thema:  Gesellschaft, Gott, Krise
Veröffentlicht: 28.03.2009, 23:06 Uhr

Donnerstag, 26. März 2009

Die trügerische Sicherheit des DNA-Tests

Bisher wurden DNA-Tests als nahezu unfehlbar eingestuft und galten in der Beweisführung vor Gericht meist als absolutes Totschlag­argument. Wurde der "genetische Fingerabdruck" eines Angeklag­ten am Ort des Verbrechens gefunden, dann war der Beschuldigte eben vor Ort. Die theoretische Möglichkeit, dass auch - absichtlich oder zufällig - eine falsche DNA-Spur gelegt werden kann, blieb in der behördlichen Praxis eher eine belächelte Hypothese. Die deutsche und österreichische Polizei hat sie nun allerdings sehr eindrucksvoll belegt.

Rund 40 Verbrechen - darunter mehrere Morde - wurden aufgrund von DNA-Analysen einer unbekannten Frau zur Last gelegt, die vor allem 2007 durch einen Polizistenmord in Heilbronn Schlagzeilen machte. (vgl. Die Zeit) Trotzdem man eine Belohnung von 300.000 Euro auf ihre Ergreifung aussetzte und ihr sechs Sonderkommis­sionen und über 100 Kriminalisten seit 15 Jahren europaweit auf der Spur sind, wollte sie sich einfach nicht finden lassen. Nun zeigt sich, dass man die Schwerverbrecherin die ganze Zeit über am völlig falschen Ort gesucht hatte. Sie hielt sich nämlich nicht etwa im Umkreis der Tatorte auf, sondern versteckte sich allem Anschein nach in einer Produktionsanlage für Wattestäbchen. Und zwar jener Wattestäbchen, mit denen die Ermittler die DNA-Proben jeweils aufnahmen. So lüftet sich nun auch das Geheimnis um einen vermissten syrischen Asylbewerber, dessen DNA merkwürdiger Weise mit der DNA der Serientäterin übereinstimmte. Es waren wohl just die gleichen Ohrtupfer im Spiel.

Drei Fragen drängen sich in diesem Zusammenhang auf:

  1. Wieviele Vaterschaftstests verunsicherter Ehemänner fielen nur deshalb negativ aus, weil die benutzten DNA-Proben verunreinigt waren?
  2. Gibt es eigentlich irgendein wirksames Mittel gegen den naiven Fortschrittsglauben von Polizei und Justiz?
  3. Bekommt man jetzt tatsächlich jene 300.000 Euro Beloh­nung, wenn man die Phantomfrau an ihrem langjährigen Arbeitsplatz in flagranti mit einem Wattestäbchen in der Hand ertappt und der Polizei meldet?

Links zum Thema (Update):

Autor: Root   
Thema:  Recht
Veröffentlicht: 26.03.2009, 23:48 Uhr

Mittwoch, 25. März 2009

Technische Leyen und Kinderpornografie

Seit 1997 bin ich drin, wie es einst in der ungeheuer kreativen Werbung mit dem charismatischen Boris Becker hieß. Drin im Internet. Seitdem war ich - teils auch studiums- und jobbedingt - mehr im Web unterwegs als die meisten anderen Internetnutzer. Auf meinen Streifzügen durch den Datendschungel habe ich schon viel gesehen. Homepages über das perfekte Simulieren von Krankheiten, eBay-Versteigerungen 10 Jahre alter Sandwiches, Internetauftritte bekannter Unternehmen voll dreister Lügen, monatelang auf einen Käse gerichtete Webcams, Sexseiten von Tennissockenfetischisten, internetgesteuerte Gewehre, mit denen man Tiere ganz real per Mausklick erschießen kann oder live übertragene Selbstmorde. Eine Sache ist mir in diesen 12 Jahren allerdings noch nie begegnet: Kinderpornografie. Auf kinder­pornografische Inhalte stößt man nicht zufällig. Und selbst die gezielte Suche nach Kinderpornografie im Netz führt den Unein­geweihten zu Nachrichten, Kinderschutz­vereinen oder schlimmstenfalls Fakeseiten, auf denen dümmlich aussehende 21-Jährige mit aufgemalten Sommersprossen und rosa Schleife im Haar in Verlegenheitsposen auf die widerwärtigen Annäherungs­versuche von Schmuddelporno-Opas warten. Für echte kinder­pornografische Bilder oder Filme braucht man einschlägige Kontakte.

Natürlich ist der Kampf gegen Kindesmissbrauch und deren Vermarktung im Internet sinnvoll und gut! Aber wenn unsere Bundesfamilienministerin von der Leyen zukünftig Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten sperren lassen will, illustriert sie damit leider nur ihren Mangel an Sachkenntnis. Während nämlich der Kampf um die Abschaltung der skrupellosen und menschen­verachtenden Webseiten eine wichtige, wenn auch frustrierende Aufgabe der deutschen Strafverfolgungsbehörden ist, kann ein entsprechender Filter lediglich Schaden anrichten. Die umstrittene Sperre schaltet nicht die Angebote selbst ab, sondern verweigert - in der Theorie - die Zugriffe darauf. Da das Internet allerdings immer viele Wege zu einem Ziel kennt, lässt sich die geplante DNS-Sperre grundsätzlich kinderleicht umgehen. Dafür ist noch nicht einmal die Nutzung eines ausländischen Proxy-Servers notwendig. Außerdem würde schnell ein Hase-und-Igel-Spiel mit den Urhebern der zu sperrenden Webseiten beginnen, bei dem die Filter stündlich aktualisiert werden müssten, um überhaupt irgendeine Wirkung zu erzielen. In der Folge könnte das Bundeskriminalamt bestenfalls dafür sorgen, dass der "normale" Internetnutzer jene Kinderporno-Seiten nicht mehr aufrufen kann, auf die er ohnehin nie gestoßen wäre. Mit den nötigen Kontakten erfährt ein potenzieller Straftäter dagegen umgehend, wie er die Sperre mit einfachen Mitteln umgehen kann. Wirkliche Erfolge erhoffen sich daher nur technische Leyen Laien.

Gleichzeitig würde diese Sperre aus konzeptionellen Gründen zwangsläufig auch völlig unbeteiligte Webseiten blockieren. Und schlimmer noch: Einmal eingerichtet, kann das Filter-System leicht dahin gehend erweitert werden, dass unversehens auch politisch unerwünschte Inhalte ohne kriminellen Hintergrund blockiert werden, auf die man sonst tatsächlich zufällig stoßen könnte. Die angestrebten Filtermethoden sind ja andernorts längst im Einsatz. Beispielsweise in der Türkei, im Iran und in China. Mit anderen Worten: Die geforderten Sperren würden nicht helfen, aber einer längst erträumten, politischen Zensur des Internets Tür und Tor aufreißen. Und genau das ist auch das wahre Ziel dieser verlogenen Kampagne.

Links zum Thema:

Autor: Root   
Thema:  Internet, Politik, Recht
Veröffentlicht: 25.03.2009, 19:47 Uhr

Freitag, 20. März 2009

Der Mäusestaat

(Verfasser anonym)

"Es war einmal in einem fernen Land eine Kolonie von einigen Fledermäusen, die gemeinsam mit einer wesentlich größeren Kolonie von Feldmäusen einen Staat gegründet hatten. Das war gut, denn gemeinsam ist man stark. Stark gegen Bedrohungen und Fressfeinde, stark bei der gemein­samen Nahrungssuche und -lagerung, und bei vielem mehr.

Doch schon nach kurzer Zeit regte sich in den Feldmäusen der Neid. Die Fledermäuse konnten fliegen, sie selber nicht. War das nicht ungerecht? Eine besonders kluge Feldmaus stellte die Frage, die niemand mehr vergessen sollte: »Wer sagt uns, dass die Fledermäuse alles, was sie erbeuten, auch nach Hause bringen? Dass sie nicht irgendwo außerhalb unseres Staates Lager einrichten und einen Teil der Beute vor uns verstecken? Wir können nicht fliegen, haben also auch keine Möglichkeit, das zu kontrollieren. Sollten in einem Staat nicht alle gleich sein?«

Je mehr die Feldmäuse über diese Möglichkeit nachdachten, desto schlüssiger schien sie ihnen. Ja, man sollte etwas gegen diese Ungleichheit tun. Sie beriefen zusammen mit den Fledermäusen einen Rat ein und brachten das Thema zur Sprache. Natürlich wehrten sich die Fledermäuse gegen solche Beschuldigungen. Sie hatten nie auch nur im Traum daran gedacht, das zu tun, was ihnen hier vorgeworfen wurde. »Niemand wirft euch etwas vor, liebe Fledermäuse. Wir sagen doch nur, dass die Möglichkeit besteht. Es gibt keine Garantie, dass ihr es nicht tut. Nicht einmal ihr selber könnt garantieren, dass nicht der eine oder andere es heimlich tut. Ihr seid ja nicht immer zusammen.«, stellte die kluge Feldmaus klar.

Hmmm, das leuchtete irgendwie ein. Die Fledermäuse konnten dieses Misstrauen schon nachvollziehen, auch wenn sie es als unberechtigt sahen. Ihnen war klar, dass die Feldmäuse eine völlig andere (eingeschränkte) Perspektive hatten, und das rechtfertigte wohl so eine Sichtweise. »Wir haben nichts zu verbergen«, sagten sich die Fledermäuse. »Ihr könnt uns gerne kontrollieren, wenn ihr dann beruhigter seid.« »Ja, wie denn? Wir können ja nicht fliegen!« Nach langer Debatte wurde vorgeschlagen, die Fledermäuse sollen nicht mehr fliegen. Im Sinne der Chancengleichheit. Schließlich ist Fliegen für die Nahrungssammlung nicht zwingend nötig, es geht auch ohne. Die Feldmäuse lieferten ja täglich den Beweis dafür. Die Fliegerei schürt nur Neid und Misstrauen, und darum sollte man sie im Sinne der Allgemeinheit abschaffen.

Die Flügel stutzen, was eigentlich die effektivste Mög­lichkeit wäre, war dann doch zu inmausan, das sahen alle ein. Also »einigte« man sich auf einen Kompromiss: Den Fledermäusen wurden die Flügel freiwillig am Rücken festgebunden. Man einigte sich ganz demokratisch darauf, in einer allgemeinen, geheimen und freien Wahl. Schließlich lebte man ja in einer Demokratie. Und da sie ja mit abstimmen durften, beugten sich die Fledermäuse dem Willen der Mehrheit. Da die Wahl ja geheim war, könnte es ja sein, dass auch etliche von ihnen dafür gestimmt haben.

So wurden den Fledermäusen also die Flügel auf dem Rücken festgebunden. Da das Laufen auf der Erde aber nicht ihre Art der Fortbewegung war, fiel es ihnen ziemlich schwer, weiter produktiv zu sein. Aber sie strengten sich an, schließlich wollten sie ja auch ihren Beitrag für die Gesellschaft leisten.

Nach ein bis zwei Generationen, als alle merkten, dass die Fledermäuse immer noch viel unproduktiver waren als die Feldmäuse, beschlossen die Mäuse, an diesem Problem zu arbeiten. Allen war klar, dass es kein böser Wille oder Faulheit der Fledermäuse war. Sie konnten es einfach nicht besser. Also erfand man etwas ganz tolles: Schulen. Damit jeder lernte, wie man richtig läuft und richtig arbeitet. Und damit jeder, der Flügel hatte, auch lernte, wie man diese richtig und effektiv auf dem Rücken zusammenbindet. Es gibt nämlich Flügel­bindemethoden, die den Bewegungsablauf mehr behindern als andere. Das kommt vor allem dann vor, wenn die Flügel zu locker gebunden sind. Und damit auch wirklich alle das lernen konnten, führte man eine allgemeine Schulpflicht ein, in der nur bestimmte Mäuse, meistens Feldmäuse, den Unterricht führten. Es war ja erwiesen, dass die Feldmäuse in der Nahrungssuche viel produktiver waren. Also musste man ja von ihnen lernen. Wie kann eine Fledermaus, die selber langsam und uneffektiv ist, anderen schnelles und effektives Laufen und Arbeiten beibringen? Eben, geht nicht.

Das System funktionierte ganz gut, und die Fledermäuse wurden tatsächlich ein wenig schneller und produktiver. Wenn man lange genug übt, stellten alle fest, und die richtigen Methoden lernt und anwendet, wird man immer besser.

Jedem Fledermausbaby wurde von Geburt an beigebracht, die Flügel richtig festzubinden (die Eltern hatten es ja in der Schule gelernt), und nach den ersten gelungenen aber uneffektiven Schritten kam es dann in die Schule, wo es das Ganze richtig lernte, damit es im Leben zurechtkommt. Einige allzu neugierige Fledermauskinder fragten zwar, warum sie diese komischen Auswüchse am Rücken hatten und man erklärte ihnen geduldig, dass das eine Missbildung sei, die das Leben erschwert. Darum muss man sie auch zusammenbinden. Tut man es nicht, falten sich diese Missbildungen richtig auf und aufgrund des größeren Widerstands und der größeren Fläche würde das Laufen noch viel viel schwerer. Das leuchtete ein.

Aber nicht allen. Immer wieder mal kam die eine oder andere Fledermaus auf die Idee, dass diese Missbildungen vielleicht auch einen Vorteil bringen. Sie experimen­tierten damit herum, ließen sie eine Zeit lang offen. Sind die Flügel aber nicht trainiert, funktionieren sie auch nicht, wie sie es normalerweise tun. Im Gegenteil, durch das lange Zusam­menbinden sind sie eingerostet, die Muskeln geschwächt, die Sehnen verkürzt. So kam es, dass sich durch diese Versuche nur die bereits gelernte Theorie bestätigte, dass offen getragene Missbildungen nur uneffektiver machen wegen des höheren Widerstandes, der größeren Fläche etc. und man viel schwerer lief. Jeder durfte es ein-, zweimal probieren, um dann einzusehen, dass es wirklich so war.

Wer es aber öfter probierte und dabei erwischt wurde, auf den prasselten von allen Seiten Vorwürfe ein: »Er ist gemeinschafts­schädigend, ein böser Egoist, er hat nur Dummheiten im Kopf, die zu Lasten der Allgemeinheit gehen.« Diese Vorwürfe kamen gleichermaßen von Feld­mäusen und von Fledermäusen, die inzwischen ja selber lange genug gelernt hatten, dass die Missbildungen am Rücken nur zusammengebunden ertragen werden können. Wenn diese Vorwürfe nicht ausreichten, um den Delinquenten zur Besinnung zu bringen, wurden ihm die Flügel vom Kollektiv durch Zwang zusammengebunden und er wurde von allen Seiten misstrauisch beäugt, um jeden weiteren Aufbinde­versuch zu unterbinden. Natürlich nur zu seinem Besten. Man wollte ihn nur heilen. Bei ganz Unverbesserlichen wurde erst mit Nahrungsentzug gear­beitet, um sie zur Besinnung zu bringen, später, wenn das auch nicht half (was eher selten der Fall war) sperrte man sie eben für eine bestimmte Zeit in sehr enge Käfige ein. Da konnten sie auch mit aufgebundenen Flügeln selbige nicht ausbreiten, geschweige denn benutzen. Irgendwann sahen sie ihr Fehlverhalten und die Sinnlosigkeit ihres Tuns ein und gaben auf. Dann wurden sie wieder in die Gemeinschaft aufgenommen, standen aber noch lange Zeit unter Beobachtung, ob sie auch wirklich einsichtig waren.

Nur einige, ganz ganz wenige, fanden heraus, wofür diese Missbildungen am Rücken gut waren. Sie waren schlau genug, sie nur aufzubinden und mit ihnen zu spielen, wenn niemand sonst in der Nähe war. Ungesehen und heimlich lernten sie die Flügel wieder zu benutzen, weil sie sie trainierten. Diese wenigen konnten fliegen. Sie kannten die Wahrheit. Und alles in ihnen schrie danach, sie zu verbreiten: »Hey, diese Missbildungen erheben uns über die Feldmäuse. Sie helfen uns, alles aus einer anderen, höheren Perspektive zu sehen. Und sie machen uns so wahnsinnig produktiv und geschickt. Wacht auf! Versucht es. Es braucht eine Zeit, bis ihr wieder damit umgehen lernt, aber dann kann euch nichts mehr aufhalten!«

Was aber war nun mit einer erwachten Fledermaus, die diese Wahrheit verbreitete? Niemand nahm sie ernst. Erst recht nicht die anderen Fledermäuse. Die hatten ja ein-, zweimal versucht mit offenen Flügeln rumzulaufen und gesehen, dass es sie nur behindert. Aus Erfahrung gelernt, sozusagen. Außerdem merkten sie, dass derjenige, der diese Wahrheit verbreitete, in der letzten Zeit extrem unproduktiv war. Er war es, weil er ja viel Zeit damit verbrachte, heimlich seine Flügel zu trainieren. Aber die anderen sahen nur die Unproduktivität. Also stimmte es doch, was man ihnen in der Schule beigebracht hatte: Wer mit offenen Flügeln rumrennt, ist einfach unproduktiv. Selbst, wenn er es heimlich tut. Und bevor er den anderen zeigen konnte, wie Fliegen geht, dass er es wirklich kann, wurde er verhaftet und für lange Zeit bei magerer Kost in einen engen Käfig gesteckt. So lange, bis die Muskeln in den Flügeln wieder schwanden, die Sehnen sich wieder verkürzten und Fliegen wieder unmöglich wurde. Wurde er dann irgendwann freigelassen, hatte er meistens kein Bedürfnis mehr nach Freiheit, denn die hatte ihn viele Jahre bitterster Gefangenschaft und Not gekostet. Was hatte sie gebracht? Nichts, rein gar nichts. Gleichzeitig diente er den anderen als Warnung. »Wer seine Zeit mit unproduktiven und blödsinnigen Rücken­missbildungs­trainigsaktionen ver­bringt, landet im Käfig. Seht ihn euch an! Seht ihn euch gut an! Wollt ihr so enden?« Das wirkte.

Die einzigen Fledermäuse, die minimale Anzahl, die wussten, die fliegen konnten, die die Wahrheit kannten - nun, die konnten es nur heimlich tun, wenn niemand sie beobachtete. Und immer mit der Angst, dabei erwischt zu werden. Was aber brachte es ihnen? Sie konnten zwar die Freiheit fühlen, alles aus einer anderen Perspektive sehen, sich sogar zusätzlich Nahrung ganz nach ihrem Belieben suchen und Vorräte anlegen. Sie konnten ein Leben in Freiheit führen, aber auch in Einsamkeit. Niemals durften sie darüber mit anderen reden, auch und erst recht nicht mit anderen Fledermäusen. Nicht mit Freunden, nicht einmal mit der eigenen Familie. Zu tief saß es in den Köpfen, dass das Öffnen der Rücken­missbildungen unproduktiv war. Und auch die Angst vor der Bestrafung, die man bei anderen gesehen hatte, die die Missbildungen längere Zeit offen trugen. Sie konnten aus dem Mäusestaat wegfliegen und sich einen anderen Lebensraum suchen. Aber sie stellten fest, dass sich überall solche Kolonien und Staaten gebildet hatten. Und pro Staat gab es einen, höchstens zwei, die fliegen konnten, auch heimlich und immer in Angst vor dem Entdeckt­werden. Freiheit bedeutet Einsamkeit. Da Fledermäuse aber sehr soziale Tiere sind, brauchten sie ihre Familien, Freunde, Nachbarn in dem Staat. Sie brauchten Gesellschaft. Einsam leben war schlimmer, als unfrei zu sein.

Darum lebten die meisten einfach weiter mit zusammen­gebundenen Flügeln, um nicht alleine zu sein. Und nur manchmal und heimlich flogen sie und genossen das Gefühl der Freiheit und des Wissens. Verbittert durch den Schmerz, dieses Wissen mit niemandem teilen zu dürfen. Außer mit anderen freien Fledermäusen, die aber weit, weit weg sind. Und immer in Angst, entdeckt und bestraft zu werden. Ja, so manche dieser Fledermäuse hat sich schon oft gewünscht, die Freiheit nicht zu kennen, einfach »normal« zu leben wie die anderen. Denn solches Wissen belastet ungemein, wenn man es nicht teilen kann.

Wer jemals in den Palast gesehen hat und seine geheimen Kammern und prächtigen Säle bis in den letzten Winkel erforscht hat, kann sich nie mehr mit dem Vorhof zufrieden geben."

Für Sie im Internet gefunden, Ihr Otmar Schwalbe
Quelle: http://www.voluntarist.de/maeusestaat/

Autor: Otmar   
Thema:  Gesellschaft
Veröffentlicht: 20.03.2009, 18:21 Uhr

Donnerstag, 12. März 2009

Machen Killerspiele Amokläufer?

Nun ist es wieder geschehen. Gestern Vormittag. Ein Amoklauf an einer deutschen Schule. Der eher unauffällige, 17 Jahre alte Tim - vor einigen Monaten wegen Depression in Behandlung - nimmt eine Beretta-Pistole und reichlich 200 Schuss Munition des Vaters mit in seine ehemalige Realschule in Winnenden und lebt dort im schwarzen Kampfanzug seine Gewaltfantasien aus. Acht Schüle­rinnen, einen Schüler und drei Lehrerinnen tötet er mit gezielten Schüssen. Außerdem muss ein Gärtner vor der benachbarten Psychiatrie sterben. Er zwingt einen Autofahrer, ihn fast zwei Stunden lang durch die Region zu fahren. Nachdem dessen Van auf einem Randstreifen stecken bleibt, geht Tim zu Fuß weiter. Im rund 40 km von seinem Ausgangspunkt entfernten Wendlingen wird er bei einem Schusswechsel mit der Polizei an den Beinen verwundet, entkommt aber in ein Autohaus und verlangt angeblich die Herausgabe eines Wagens. Weil ihm die Reaktion wohl zu lange dauert, erschießt er einen Verkäufer und einen Kunden. Als ihn die Polizei danach auf dem Parkplatz des Autohauses endlich stellt, bringt er sich scheinbar selbst mit einem Kopfschuss um (vgl. Der Spiegel). Bilanz: 16 Tote, dutzende traumatisierte Schüler.

Plötzlich fragen sich Beamte und Politiker: Wie konnte das passieren?! Betroffenheit. Ratlosigkeit. Beklemmung. Da fällt endlich das rettende Stichwort: Killerspiele! Ja, damit hat Tim doch in den letzten Wochen viel Zeit verbracht, nicht wahr? Sicherlich verringern einige sogenannte Killerspiele bei moralisch nicht gefestigten Menschen tatsächlich die Tötungshemmung und haben keinerlei Daseinsberechtigung. Nicht umsonst setzt das US-Militär zu diesem Zweck bei ihren Rekruten entsprechende PC-Simulationen ein (vgl. Zeit-Fragen). Und ja, vielleicht sollte man sich über die diesbezügliche Gesetzeslage Gedanken machen. Aber ist das nicht ein bisschen kurz gedacht? Hat sich Tim vielleicht sogar - ganz im Gegenteil - bei diesen Spielen abreagiert? Ist die Ursachensuche bei Computerspielen nicht etwas naiv und grotesk? Wenn nein, müsste man dann nicht auch Garten-Kinderspiele wie Cowboy und Indianer mit Zündplättchen­pistole und Gummi­tomahawk sicherheitshalber gleich mit verbieten?

Oder sollte man doch lieber ins Gespräch bringen, woher dieser blinde Hass, die unbändige Aggression, die erschreckende Mitleidlosigkeit und die erdrückende Ausweglosigkeit rühren? Warum ist nicht die Rede davon, dass man dringend Zusammenhalt und Kommunikation in den deutschen Familien stärken muss, statt mehr und mehr Erziehungsaufgaben und -zeiten in Kinder­tagesstätten und Schulen auszulagern? Wieso entsteht keine Debatte über gekürzte Gelder in der Jugendsozialarbeit? Weshalb kommt niemand zu dem naheliegenden Schluss, dass die Konkurrenz, Egoismus und Gewalt verströmende US-amerikanische Leitkultur vielleicht für die Mehrheit der Jugendlichen eine gefährlich kalte Leidkultur ist? Warum fragt keiner, wie man eigentlich humanistische Werte ohne den lebenspraktischen Glauben an einen menschen­freundlichen Gott begründen soll? Wie kommt es, dass niemand bemerkt, welch enormem Druck Jugendliche und junge Erwachsene ausgesetzt sind, seitdem sie beweisen müssen, dass sie nicht völlig überflüssig sind und nur der Staatskasse zur Last fallen?

Interessant ist übrigens die Reaktion unseres Bundes­innenministers. Herr Schäuble ist nämlich strikt gegen die Verschärfung der deutschen Waffengesetze. Das würde "die Freiheit einschränken". Aus dem Munde unseres Hannibal Lecters der Bürgerrechte klingt dieser Satz irgendwie, als hätte man statt Schäuble selbst ver­sehentlich ein überaus zynisches Schäuble-Double interviewt. Aber man darf nicht vergessen: Wolfgang Schäuble operiert hier just an seinem persönlichen Grabenbruch zwischen den Träumen von einem umfassenden staatlichen Gewaltmonopol (entwaffnete Zivilbevöl­kerung) auf der einen Seite und den Bestechungsgeldern illegalen Spenden von Waffenhändlern auf der anderen.

... Update September 2009 ...
Mittlerweile ist klar: Die polizeilichen Berichte zum Tathergang sind derart widersprüchlich, dass sich die von den Mainstream-Medien verbreitete Geschichte (siehe oben) nicht mehr aufrecht erhalten lässt. Bei einer gründlichen Recherche drängt sich der ungeheuer­liche Verdacht auf, es könnte sich bei diesem Massenmord um einen fingierten Amoklauf mit geheim­dienstlichem Hintergrund handeln.

Mit den zahllosen Ungereimtheiten und deren Implikationen hat sich der Historiker und Autor Andreas Hauß eingehend beschäftigt. An dieser Stelle sei sein Vortrag "Winnenden - ein Amoklauf?" empfoh­len. Andreas Hauß hielt den Vortrag am 27. August 2009 in Stuttgart.

Zum Ansehen des hier hinterlegten Filmchens bedarf es eines aktuellen Flash-Plugins.

Links zum Thema:

Autor: Root   
Veröffentlicht: 12.03.2009, 23:09 Uhr

Donnerstag, 5. März 2009

Schwere Zeiten für Wahlfälscher!

Es ist schon ein herber Rückschlag für die Lobbyisten, die niederländische Firma Nedap und alle aufstrebenden Antidemokraten mit krimineller Energie. Mühsam mussten sie Kampagne für Kampagne die aufkommenden Bedenken zerstreuen und entstandene Skandale ausbügeln. Dann legten ein Softwareentwickler und sein Vater - ein Politik­wissenschaftler im Ruhestand - nach der Bundestagswahl 2005 Einspruch beim Wahlprüfungsausschuss des Bundestages ein. Und zwar wegen der in 1831 Wahllokalen aufgestellten Nedap-Wahlcomputer. Der Einspruch wurde wie gewohnt abgelehnt. Also reichten die beiden eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Und nun dies: Am Dienstag entschied das Bundesverfassungsgericht allen Erwartungen zum Trotz, dass der Einsatz der Wahlcomputer bei der Bundestagswahl 2005 tatsächlich verfassungswidrig war, da er nicht die Kriterien einer öffentlichen Wahl erfüllte. Schließlich konnte man die Auszählung der Stimmen nicht nachvollziehen. Ein Urteil von weitreichender Bedeutung! Die Demokratie atmet ein wenig auf. Grüße und Blumen an zwei Männer, die sie beherzt verteidigt haben!

Dabei hatte für Nedap und Co. alles so gut angefangen. Die Fehlerquote der Maschinen sei geringer als bei einer manuellen Auszählung, das Ergebnis schneller verfügbar und der Einsatz billiger als bei der Zettelvariante. Zudem seien Manipulationen ausge­schlossen. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt prüfte Geräte und Software eingehend und befand die Nedap-Wahlcomputer für sicher. Dass das Gegenteil dieser Behauptungen der Wahrheit erheblich näher kommt, offenbarte sich erst bei Tests der holländischen Bürgerinitiative "Wij vertrouwen stemcomputers niet" (zu Deutsch: Wir vertrauen Wahlcomputern nicht). Innerhalb kurzer Zeit hatten sie in Zusam­menarbeit mit dem Chaos Computer Club Berlin bemerkenswerte Sicherheitslücken in der Software eines Nedap-Gerätes ausgemacht und sie so manipuliert, dass die Maschine die abgegebenen Stimmen nicht mehr korrekt zählte, sondern eine bestimmte Partei unauffällig bevorteilte. Zwei Monate zuvor hatte der Nedap-Geschäftsführer Jan Groenendaal noch getönt, es handele sich bei seinen Wahlmaschinen gar nicht wirklich um Computer, sondern nur um eine "Dedicated Special Purpose Machine", bei der "Hacker keine Chance" hätten. Deshalb wolle er gern den Beweis der von Kritikern aufgestellten These vorgeführt bekommen, dass man mit seiner Wahlmaschine auch Schach spielen könne. Diesen Wunsch erfüllte ihm das Hackerteam auch prompt und installierte nach getaner Arbeit noch ein Schachprogramm. Die Maschine eröffnete mit d2-d4. Der Chaos Computer Club resümierte:

"Wahlcomputer müssen in Deutschland verboten werden, bevor wir auch hier Zustände wie in den USA oder Mexico bekommen. Die hier verwendeten NEDAP-Computer sind mindestens genauso unsicher und manipulierbar, wie die aus den Wahlskandalen in den USA bekannten Systeme. Mit manipulierten Wahlcomputern kann eine entschlossene Gruppe die Macht ergreifen, ohne nach außen hin die Spiel­regeln der Demokratie zu verletzen." (vgl. ngo-online.de)

Und was die finanziellen Vorteile betrifft: Neben dem hohen Anschaffungspreis entstehen auch noch laufende Kosten für die Zertifizierung und Wartung der Geräte und für die Schulung der Wahlhelfer. So stieg der finanzielle Aufwand für die Wahl in Amsterdam dank des Einsatzes von Wahlcomputern von 1,6 auf 2,7 Millionen Euro.

Schon im Vorfeld der jüngsten US-Präsidentschaftswahlen 2008 zeigte sich, dass Wahlcomputer die Wahl drastisch verfälschen konnten. Interessanter Weise markierten Geräte mit nicht exakt kalibriertem Touchscreen völlig unabhängig vom tatsächlich ausgewählten Kandidaten einen republikanischen Kandidaten. Ein Schelm, wer böses dabei denkt? Doch längst nicht nur die Touchscreens machten Schwierigkeiten. Auch die Server zur Übermittlung der Ergebnisse verschluckten beim Zusammenzählen im großen Maßstab abgegebene Stimmen. Außerdem ließe sich die verwendete Software vergleichsweise leicht manipulieren. Zu allem Überfluss könne das System auch noch beim Zugriff auf ein einziges Gerät unkompliziert mit einem Virus infiziert werden. Zu diesem vernichtenden Ergebnis kam jedenfalls u.a. ein Forschungsteam der University of California bei seiner mehrwöchigen Untersuchung. Als die Staatssekretärin Jennifer Brunner aus Ohio die katastrophalen Ergebnisse einer Überprüfung der dortigen Maschinen erhielt, glaubte sie, sie "müsse sich übergeben". Doch so kurz vor der Wahl konnte der Hersteller nach eigenen Aussagen unmöglich noch nachbessern. Also wurden die Computer bei der Wahl unverändert verwendet.

Doch nicht nur in den USA fielen gravierende Mängel an den eingesetzten Wahlcomputern auf. Auch in Großbritannien und Finnland entstanden schwerwiegende Probleme im Zusammenhang mit dem sogenannten E-Voting. Stimmen gingen verloren, unter bestimmten Voraussetzungen konnte nachverfolgt werden, wer welche Partei gewählt hatte und Anzeigen stimmten nicht. Beispielsweise prangte neben einem britischen Kandidaten der Konservativen Partei fälschlich das Logo der Labour Partei (vgl. derStandard.at). In den Niederlanden benutzte ein Kandidat bei der Gemeindewahl 2006 in Landerd-Zeeland einen Nedap-Wahlcomputer, um die Abstimmung zu seinen Gunsten zu fälschen. Und bei den italienischen Parlamentswahlen 2006 wurden während der elektronischen Übermittlung der Ergebnisse aus den Provinzen scheinbar etwa eine Million sogenannte Leerstimmen unrechtmäßig Berlusconis Partei zugeordnet.


© CCC :: Vergleich normaler/manipulierter Wahlcomputer ;-)

Bereits 2004 wandte sich der amerikanische Programmierer Clinton Curtis mit einem delikaten Geständnis an die Öffentlichkeit: Er habe im Jahr 2000 im Auftrag von Tom Feeney, einem republikanischen Abgeordneten aus Florida, eine Software für Wahlcomputer entwickelt, mithilfe derer die Stimmenzählung manipuliert werden könne. Stalin soll einmal gesagt haben: "Diejenigen, die wählen gehen, entscheiden gar nichts. Die, die Stimmen zählen, entscheiden alles." Und George W. Bush war da offensichtlich ganz seiner Meinung (vgl. heise.de und Hamburger Abendblatt).

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Autor: Root   
Thema:  Politik
Veröffentlicht: 05.03.2009, 14:17 Uhr

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