"Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen."
Dieser ironische Satz wird meist Mark Twain zugeschrieben und trifft
natürlich auch in unserem Fall ins Schwarze. Dass die Krise sich deutlich
ausweiten wird, kann anhand der Faktenlage als sicher gelten. Bis wann sich die
Situation verschärft und wie die genauen Konsequenzen für die
Bevölkerung aussehen werden, ist dagegen eher ungewiss.
Wer nun meint, die Beschäftigung mit konkreten Krisenszenarien und die
persönliche Vorbereitung darauf seien deshalb übertrieben oder gar
paranoide Panikmache, der verkennt die Realität und ist selbst Opfer
jenes allgemeinen Leichtsinns und der
kultivierten Sorglosigkeit
geworden, die von Arbeits- und Katastrophenschutzbehörden
so oft beklagt werden. Nur deshalb, weil ich seit 10 Jahren schadlos Auto
fahre ohne mich anzuschnallen, kann ich daraus nicht schließen, dass
ein Sicherheitsgurt Unsinn ist und die Erneuerung des Erste-Hilfe-Kastens
Ausdruck von Unfall-Hysterie. Selbst das aktuelle Finanzdebakel war schon
lange im Voraus absehbar
(vgl. Handelsblatt.com
und Tagesspiegel.de)
und hätte verhütet werden können, wären die
Politiker und Banker nicht mit psychotischem Optimismus vernagelt
gewesen. Aber auch die gegensätzliche Reaktion, nämlich das
vielrezitierte Mantra der Einfallslosen: "Da kann man doch sowieso
nichts machen." ist unverantwortlich, lähmt die Kreativität,
macht depressiv und fällt daher beim Vernunftstest durch.
© Supertramp :: Crisis? What Crisis?
Wenn es um die Vorbereitung geht, lautet die zunächst wichtigste
Frage natürlich: Welche Szenarien sind realistisch? Da uns der Blick
in die Zukunft gewöhnlich verwehrt bleibt, ist unsere bedeutendste
Informationsquelle die Vergangenheit. Folgende Szenarien traten im
Zusammenhang mit historischen
Wirtschaftskrisen auf und sind auch im
Laufe der kommenden Krise denkbar:
Bargeldengpässe
Sollte das Bankensystem
insgesamt
kollabieren, werden in der Konsequenz
vermutlich die meisten Banken schließen, das Netz der Geldautomaten
ausfallen. Besonders rasch tritt dieser Effekt bei einem
Bankenansturm
(vgl. Alles Schall und Rauch)
ein. So nennt man die panikartigen Versuche größerer Gruppen
von Bankkunden, gleichzeitig Geld vom eigenen Konto abzuheben. Den Banken
gehen dann schnell die Bargeldvorräte aus. Folge: Die Automaten sind
leer, die Schalter schließen. Die mit Geheimzahl arbeitenden
EC-Abrechnungssysteme der Geschäfte streiken und auch das Wechselgeld
in den Kassen geht zur Neige. Die Läden und Tankstellen werden dann
innerhalb kurzer Zeit ebenfalls geschlossen. Im Herbst 2008 konnte eine solche
Situation übrigens nur mit viel Glück abgewendet werden
(vgl. Alles Schall und Rauch,
Tagesschau.de).
Unterhaltsengpässe
Größere Pleitewellen
äußern sich oft darin, dass Löhne und Gehälter zuerst
verzögert, später gar nicht mehr gezahlt werden. Im Falle eines
Staatsbankrotts betrifft das selbst
Beamtengehälter, Renten und Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld,
Hartz IV oder Sozialhilfe. Auch die private Zahlungsmoral lässt dann
verständlicher Weise dramatisch nach und Handwerkerrechnungen etc. werden
einfach nicht mehr beglichen. Neben Problemen der Grundversorgung
entstehen oft auch Schwierigkeiten wegen säumiger Mieten, besonders
dann, wenn die Bevölkerungsmehrheit noch über finanzielle Mittel verfügt
und sich der Vermieter von einem Rausschmiss neue, zahlungsfähige Mieter
verspricht.
Streiks, Generalstreiks
Wenn Unternehmen zahlungsunfähig
werden und die Löhne ausbleiben, kommt es schnell zu
Arbeitsniederlegungen und Streiks. Betrifft das die Automobilindustrie,
ist das leicht zu verschmerzen. Passiert das in Großbäckereien
oder Molkereien, sieht die Sache schon anders aus. Und Streiks im Transportsektor
legen schnell alles andere lahm, nicht zuletzt die auf ständige Lieferungen
angewiesenen Supermärkte.
Versorgungsengpässe
Nicht selten treten zeitweilig
Schwierigkeiten bei der Grundversorgung der Bevölkerung auf: Die
Lebensmittel gehen aus, vor allem im Sommer und bei Strom- oder
Treibstoffknappheit kann sauberes Trinkwasser Mangelware werden, im
Winter Heizmaterial. Etliche Medikamente sind nicht mehr erhältlich.
Besonders unser Supermarktsystem ist sensibel und anfällig, da die Lager
klein und die Nahrungsmittelvorräte aus Frischhaltegründen gering sind.
Ohne kontinuierliche Belieferung sind die Regale meist schon binnen
Stunden leer. Solche Engpässe sind u.a. vom Grad der Privatisierung
abhängig und können sich auch über einige Wochen erstrecken, bis ein
staatliches Ersatzsystem aufgebaut und z.B. Lebensmittelkarten
ausgeteilt sind.
Stromausfälle
Hiervon wären Zimmer- und
Straßenbeleuchtung, U-Bahnen, Straßenbahnen, Fahrstühle, automatisch
schließende Türen, Parkhauszufahrten, Schranken, Ampeln, Zapfsäulen,
Bankautomaten, Supermarktkassen, Heizungen (auch die meisten Öl- und
Gasheizungen), Kühl- und Gefrierschränke, Mikrowellenherde,
Elektroherde, teilweise auch Gasherde, Wasserkocher, Warmwasserspeicher,
Waschmaschinen, Wäschetrockner, Rundfunkgeräte, Computer, Telefonnetz
(auch Mobilfunk), Internet, Akkuladegeräte und vieles andere betroffen.
Länger anhaltende Stromausfälle in Verbindung mit Treibstoffknappheit
können auch die Versorgung mit (sauberem) Leitungswasser und Gas zusammen
brechen lassen, da die im Krisenfall eingesetzten Notstromaggregate
meist mit Dieselgeneratoren betrieben werden. Neben unregelmäßigen
Stromausfällen, die durchaus auch tagelang anhalten können, wurden als
geregelte Sparmaßnahme auch schon stromlose Tageszeiten eingeführt.
Zusätzliche
Risiken ergeben sich daraus, dass die ungewohnte Dunkelheit
auf Straßen und Plätzen und in Häusern und Parks zu Einbrüchen,
Plünderungen und Überfällen verleiten kann.
Inflation
Häufig setzt nach
staatlichen
Großinvestitionen und hemmungsloser Gelddruckerei gegen Ende einer Finanzkrise
eine sogenannte
Hyperinflation
ein: Das Geld verliert in immer höherem Tempo an Wert und die Preise wachsen ins
Uferlose. Das kann sogar gewollt sein, beispielsweise um mit einem Wertverfall des Geldes
gleichzeitig auch die immensen Staats- und Wirtschaftsschulden "wegzuinflationieren".
Leidtragende einer solchen Entwicklung sind jedoch nicht nur die Sparer mit gut
gefüllten Bankkonten. Auch Empfänger einer privaten Rente bekommen von der
Bank bzw. Versicherung normalerweise stur den gleichen Betrag ausgezahlt wie bisher.
Nur dass sie davon jetzt nicht mehr leben können. Händler erhalten für
das eingenommene Geld noch nicht einmal neue Waren und müssen die Läden
schließen. Und auch die Regelsätze für Sozialleistungen und staatliche
Renten werden meist viel zu langsam angepasst, sodass Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger
und Ruheständler schnell in Existenznöte geraten. Für viele ist deshalb
der finale Kollaps der Währung eine Erlösung. Denn ist eine Währung
endgültig zugrunde gerichtet, wird sie "einfach"
durch
eine neue ersetzt. Im Zuge dessen ist es allerdings auch schon vorgekommen,
dass zur Stützung der neuen Währung als erstes die Goldvorräte der
Bevölkerung konfisziert wurden.
Unruhen, Plünderungen
Werden Geld und Nahrung knapp oder
offenbaren sich Korruption und Gleichgültigkeit der Politiker als
Krisenauslöser, kommt es häufig zu gewalttätigen Demonstrationen,
Plünderungen von Geschäften und Supermärkten, Übergriffen
auf Banken und staatliche Einrichtungen, randalierenden Ausschreitungen und
Straßenschlachten mit Polizei oder (im Zuge von
Amtshilfe
hinzugezogener) Armee. Das kann sich ausweiten bis hin zu tatsächlich
bürgerkriegsähnlichen Zuständen mit Ausgangssperren, meist allerdings
beschränkt auf die Zentren größerer Städte. Darunter leiden aber oft
auch weiträumig Infrastruktur und Grundversorgung. Für Großbritannien
rechnet der dortige Geheimdienst MI5 mit Bevölkerungsunruhen ab Sommer diesen
Jahres
(vgl. MMnews.de).
Und auch hierzulande könnte es ab Herbst 2009 ungemütlicher werden
(vgl. Sueddeutsche.de).
Brände
Im Zuge von Wirtschaftskrisen steigt auch die
Brandgefahr. Dafür sind einerseits Stromausfälle verantwortlich. Schnell
geraten unvernünftige Gokeleien zum Zweck der Beleuchtung oder Beheizung
außer Kontrolle. Und auch die unsachgemäße Lagerung von
Brennstoff-Vorräten, z.B. auf dem Dachboden, kann verheerende Brände
auslösen. Andererseits gehören Brandstiftungen zum üblichen Repertoire
aufgebrachter Demonstrationszüge, Plündererbanden und einzelner
Verzweiflungstäter. Bei gleichzeitigem Stromausfall wird auch die
Alarmierung der Feuerwehr zur ungeahnten Herausforderung.
Verhaltenstipps:
-
Keine Panik! In jeder Situation Ruhe bewahren und besonnen handeln!
-
Nicht resignieren! Jedes Problem ist lösbar! Mit anderen Worten: Man
kann fast immer etwas tun!
-
Jetzt vorsorgen: Nahrungsmittel, Medikamente (vor allem regelmäßig
benötigte), Hygieneartikel, Bargeld etc. für wenigstens 4 Wochen
beschaffen!
-
Nachbarschaftliche Kontakte knüpfen/intensivieren! Du wirst womöglich
auf andere Menschen angewiesen sein! Viele Probleme sind nur gemeinsam
lösbar.
-
Im Krisenfall: Keine Gewalt! Gewalt verschlimmert nur die Situation
und erschwert einen Neuanfang nach der Krise.
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