Donnerstag, 12. März 2009
Machen Killerspiele Amokläufer?
Nun ist es wieder geschehen. Gestern Vormittag. Ein Amoklauf an einer deutschen Schule. Der eher unauffällige, 17 Jahre alte Tim - vor einigen Monaten wegen Depression in Behandlung - nimmt eine Beretta-Pistole und reichlich 200 Schuss Munition des Vaters mit in seine ehemalige Realschule in Winnenden und lebt dort im schwarzen Kampfanzug seine Gewaltfantasien aus. Acht Schülerinnen, einen Schüler und drei Lehrerinnen tötet er mit gezielten Schüssen. Außerdem muss ein Gärtner vor der benachbarten Psychiatrie sterben. Er zwingt einen Autofahrer, ihn fast zwei Stunden lang durch die Region zu fahren. Nachdem dessen Van auf einem Randstreifen stecken bleibt, geht Tim zu Fuß weiter. Im rund 40 km von seinem Ausgangspunkt entfernten Wendlingen wird er bei einem Schusswechsel mit der Polizei an den Beinen verwundet, entkommt aber in ein Autohaus und verlangt angeblich die Herausgabe eines Wagens. Weil ihm die Reaktion wohl zu lange dauert, erschießt er einen Verkäufer und einen Kunden. Als ihn die Polizei danach auf dem Parkplatz des Autohauses endlich stellt, bringt er sich scheinbar selbst mit einem Kopfschuss um (vgl. Der Spiegel). Bilanz: 16 Tote, dutzende traumatisierte Schüler.
Plötzlich fragen sich Beamte und Politiker: Wie konnte das passieren?! Betroffenheit. Ratlosigkeit. Beklemmung. Da fällt endlich das rettende Stichwort: Killerspiele! Ja, damit hat Tim doch in den letzten Wochen viel Zeit verbracht, nicht wahr? Sicherlich verringern einige sogenannte Killerspiele bei moralisch nicht gefestigten Menschen tatsächlich die Tötungshemmung und haben keinerlei Daseinsberechtigung. Nicht umsonst setzt das US-Militär zu diesem Zweck bei ihren Rekruten entsprechende PC-Simulationen ein (vgl. Zeit-Fragen). Und ja, vielleicht sollte man sich über die diesbezügliche Gesetzeslage Gedanken machen. Aber ist das nicht ein bisschen kurz gedacht? Hat sich Tim vielleicht sogar - ganz im Gegenteil - bei diesen Spielen abreagiert? Ist die Ursachensuche bei Computerspielen nicht etwas naiv und grotesk? Wenn nein, müsste man dann nicht auch Garten-Kinderspiele wie Cowboy und Indianer mit Zündplättchenpistole und Gummitomahawk sicherheitshalber gleich mit verbieten?
Oder sollte man doch lieber ins Gespräch bringen, woher dieser blinde Hass, die unbändige Aggression, die erschreckende Mitleidlosigkeit und die erdrückende Ausweglosigkeit rühren? Warum ist nicht die Rede davon, dass man dringend Zusammenhalt und Kommunikation in den deutschen Familien stärken muss, statt mehr und mehr Erziehungsaufgaben und -zeiten in Kindertagesstätten und Schulen auszulagern? Wieso entsteht keine Debatte über gekürzte Gelder in der Jugendsozialarbeit? Weshalb kommt niemand zu dem naheliegenden Schluss, dass die Konkurrenz, Egoismus und Gewalt verströmende US-amerikanische Leitkultur vielleicht für die Mehrheit der Jugendlichen eine gefährlich kalte Leidkultur ist? Warum fragt keiner, wie man eigentlich humanistische Werte ohne den lebenspraktischen Glauben an einen menschenfreundlichen Gott begründen soll? Wie kommt es, dass niemand bemerkt, welch enormem Druck Jugendliche und junge Erwachsene ausgesetzt sind, seitdem sie beweisen müssen, dass sie nicht völlig überflüssig sind und nur der Staatskasse zur Last fallen?
Interessant ist übrigens die Reaktion unseres Bundesinnenministers. Herr Schäuble ist nämlich strikt gegen die Verschärfung der deutschen Waffengesetze. Das würde "die Freiheit einschränken". Aus dem Munde unseres Hannibal Lecters der Bürgerrechte klingt dieser Satz irgendwie, als hätte man statt Schäuble selbst versehentlich ein überaus zynisches Schäuble-Double interviewt. Aber man darf nicht vergessen: Wolfgang Schäuble operiert hier just an seinem persönlichen Grabenbruch zwischen den Träumen von einem umfassenden staatlichen Gewaltmonopol (entwaffnete Zivilbevölkerung) auf der einen Seite und den Bestechungsgeldern illegalen Spenden von Waffenhändlern auf der anderen.
... Update September 2009 ...
Mittlerweile ist klar: Die polizeilichen Berichte zum Tathergang sind derart
widersprüchlich, dass sich die von den Mainstream-Medien verbreitete
Geschichte (siehe oben) nicht mehr aufrecht erhalten lässt. Bei einer
gründlichen Recherche drängt sich der ungeheuerliche Verdacht
auf, es könnte sich bei diesem Massenmord um einen fingierten Amoklauf
mit geheimdienstlichem Hintergrund handeln.
Mit den zahllosen Ungereimtheiten und deren Implikationen hat sich der Historiker und Autor Andreas Hauß eingehend beschäftigt. An dieser Stelle sei sein Vortrag "Winnenden - ein Amoklauf?" empfohlen. Andreas Hauß hielt den Vortrag am 27. August 2009 in Stuttgart.
Links zum Thema:
- Über die Versuche, Amokläufer nicht zu verstehen
- Diskussionsforum zum Amoklauf von Winnenden
- Widersprüche im Fall des Amoklaufs 2009 in Winnenden
- Widersprüche im Fall des Amoklaufs 2002 in Erfurt
- Amoklauf Erfurt: Verwischte Spuren
- Amokläufe an deutschen Schulen - alles klar?
- Die Umstände des Columbine-Schulmassakers 1999 (USA)