In letzter Zeit häuft sich in verschiedenen Ländern - vielleicht
ausgelöst durch eine Debatte in den USA - die öffentliche Kritik an der
modernen
Evolutionstheorie
(und Abiogenese),
also der etablierten wissenschaftlichen Lehre von der selbständigen
Entwicklung des Lebens hin zu den heutigen Arten. Dabei sind weder Evolutionstheorie noch
gegensätzliche Überzeugungen besonders neu.
Schon aus dem 6. Jahrhundert vor Christus ist von
Anaximander
die Vorstellung überliefert, der Mensch habe mit allen
Tieren gemeinsame, fischartige Vorfahren, die im Meer lebten. Und
Aristoteles
glaubte, dass Fische und Insekten aus Schlamm oder faulendem Fleisch
entstehen könnten und dass unsere Fingernägel Relikte von Klauen seien,
die der Mensch einst brauchte, als er noch auf allen Vieren lief.
Andererseits kannte fast jede Religion eine Schöpfungsgeschichte, die
die Entstehung allen Lebens auf einen Gott zurückführte. Und der
französische Arzt
Louis
Pasteur zog aus seinen Experimenten bereits im 19. Jahrhundert den
Schluss, dass Leben niemals spontan, sondern immer nur aus bereits
existierendem Leben entstünde ("Omne vivum e vivo"). Dieses
Prinzip der sogenannten
Biogenese
ist übrigens noch heute Grundlage jeglicher
Sterilisation.
Belege für eine Evolution
Inzwischen lässt sich die von Darwin beobachtete Evolution längst
nachweisen. Es gibt
natürliche
Auslese ("Survival of the fittest") und es gibt Variationen
innerhalb der Arten. Daran lassen
Darwinfinken
und Co. wenig Zweifel. Dennoch ist die Kritik an Evolutions- und
Abstammungstheorie
nicht aus der Luft gegriffen. Und alternative Ansätze
sind keineswegs das Produkt fanatischer Religionsanhänger, verblendeter
Wissenschaftler und unseriöser Meinungsmacher. Denn die bekannten Fälle
von evolutionärer Entwicklung belegen höchstens das, was teils als
Mikroevolution
bezeichnet wird: Nämlich Ausdifferenzierung und Spezialisierung in der
Tier- und Pflanzenwelt. Dagegen gibt es bisher noch keinerlei Belege für
eine tatsächliche Aufwärtsentwicklung - oft auch
Makroevolution
genannt. Noch nie konnte in einem sich selbst überlassenen System eine
Zunahme an Komplexität beobachtet werden. Und es ist schon eine etwas
überzogene Behauptung, dies sei selbstverständlich nur eine Frage der
äußeren Bedingungen und des Beobachtungszeitraums.
Die Rolle der Fossilien
Die einzigen Hinweise auf eine mögliche Entwicklung des Lebens von
einfachen zu immer komplizierteren Arten liefert die
Paläontologie.
Von etlichen Ausnahmen abgesehen, findet man bei Grabungen in tieferen
Sedimentschichten die Fossilien primitiverer Lebensformen als in höheren
Ablagerungsschichten - zumindest innerhalb der Tierwelt.
Aber ist die stete Weiterentwicklung des Lebens wirklich die einzig
mögliche Erklärung für dieses Phänomen?
Und was ist mit den Übergangsformen zwischen den einzelnen Klassen
der Fauna und Flora? Noch immer wird oft von "Missing Links"
(fehlenden Bindegliedern) gesprochen - offenbar zu Recht. Denn kaum
eine dieser mutmaßlichen Zwischenstufen in der Entwicklung des Lebens
ist unumstritten. Regelmäßig stellt sich heraus, dass es sich doch
"nur" um Sonderformen einer spezifischen Klasse handelt. So
entpuppt sich der (zudem noch lebende)
Quastenflosser
bei genauerem Hinsehen als sonderbarer Fisch und der
Archaeopteryx
als seltsamer Vogel. Selbst die Einordnung des
Australopithecus
als entwicklungsgeschichtliches Bindeglied zwischen Affenartigen und Menschenartigen
wird mittlerweile wieder sehr kontrovers diskutiert.
Unabhängig davon weisen diese sogenannten Mosaikformen keinerlei
Übergangsmerkmale auf. Was nach wie vor fehlt, sind Lebewesen
mit halb entwickelten Organen. Selbst verschwommene Artgrenzen
und gehäufte Missbildungen sucht man - trotz der zentralen Bedeutung
von Mutation für die Evolutionstheorie - im nunmehr riesigen
Fossilienbestand der Paläontologen vergebens.
© Luidger :: Archaeopteryx bavarica
Der Ursprung des Lebens
Darüber hinaus gibt es noch ganz
andere Probleme, deren Klärung sich als extrem schwierig erweist. Selbst
wenn wir für einen Moment davon ausgehen, dass sich die allem Leben
zugrunde liegende Materie spontan aus dem Nichts bildete, so bleibt doch
der Ursprung aller Information
(DNA)
ein Rätsel. Und auch das
Leben
selbst scheint eine eigene Qualität zu besitzen, mit der sich die
Biologen kurioser Weise ebenso wenig auseinander setzen, wie die
Psychologen mit der Seele. Was unterscheidet einen lebendigen Grashalm
von einem toten Grashalm? Materie und Information können durchaus noch
dieselbe sein. Lebendigkeit an von uns definierten Symptomen wie Stoffwechsel
und Fortpflanzungsfähigkeit festzumachen ist daher nur ein trivialer
Zirkelschluss
nach dem Schema: Um Leben handelt es sich, wenn es aussieht wie Leben.
Das Leben eines Menschen ist jedoch zweifellos mehr als nur sein
funktionierender Stoffwechsel. Was setzt den Stoffwechsel in Gang, was
hält ihn am Laufen?
Wissenschaft oder Legende
Nun stellt sich die Frage, ob alternative Ansätze und Hypothesen
prinzipiell unwissenschaftlicher sind, als die derzeit anerkannte
Evolutionstheorie. Hier muss man zunächst klären, was eine
gute wissenschaftliche Hypothese ausmacht. In den modernen Wissenschaften
hat man sich diesbezüglich auf
Karl
Poppers Kriterium der
Falsifizierbarkeit
(Widerlegbarkeit) geeinigt. Danach taugt eine Annahme oder Theorie nur
dann zur wissenschaftlichen Arbeit, wenn sie widerlegbar formuliert
wird. So gilt selbst jedes Naturgesetz nur bis zum Bekanntwerden eines
Gegenbeispiels. Und da wird es beim Glauben an einen Schöpfer des
Universums tatsächlich schwierig. Um diese Theorie zu widerlegen, müsste
man schließlich den Beweis dafür antreten, dass es kein
transzendentes
(übersinnliches) Wesen gibt, das unsere Welt erschaffen hat. Dieser
Nachweis ist (aus
erkenntnistheoretischen
Gründen) völlig unmöglich.
Aber wie steht es eigentlich um die Theorien zur Evolution in dieser Hinsicht?
Sind sie widerlegbar? Dazu müsste man ggf. beweisen, dass
Lebewesen niemals spontan entstehen (chemische Evolution, Abiogenese) oder sich zu
komplexeren Lebensformen weiterentwickeln (biologische Evolution) -
unabhängig vom gesteckten Zeitrahmen und den äußeren
Bedingungen. In Anbetracht der begrenzten menschlichen Lebenszeit und dem
u.a. zwangsläufig auf die Gegenwart beschränkten Forschungsradius
muss dies ebenfalls als unmöglich angesehen werden. So werfen
gerade die historischen Aspekte der Evolutionstheorie ein großes
Falsifikationsproblem auf: Da es nicht möglich ist, sichere
Rückschlüsse auf eine mutmaßlich Jahrmillionen und
Jahrmilliarden zurück liegende Vergangenheit zu ziehen, scheidet
ein stichhaltiger Gegenbeweis unter erkenntnistheoretischen
Gesichtspunkten aus.
Behelfsweise kann eine wissenschaftliche Theorie aber auch über einen Umweg
falsifizierbar gestaltet werden. Dazu verknüpft man das Theoriegebäude
mit logisch abgeleiteten, widerlegbaren Einzelannahmen. Erweisen sich diese
sogenannten Subhypothesen dann als falsch, gilt auch die Ausgangstheorie als
widerlegt. Die Evolutionstheorie wurde allerdings bisher nie von falsifizierbaren
Ableitungen abhängig gemacht, sondern wird seit jeher völlig losgelöst
von widerlegten und widerlegbaren Subhypothesen aufrecht erhalten.
Genaugenommen ist also auch die Evolutionstheorie in ihrer Gesamtheit unwissenschaftlich
(das heißt
Spekulation) und folglich
einem Schöpfungsglauben wissenschaftlich nicht überlegen. Entsprechend
können wir überhaupt nicht ausschließen, dass es sich dabei lediglich um
einen weitverbreiteten Mythos der Moderne handelt. Einen skurrilen Irrtum gar,
der ggf. noch viel schwerer aufzuklären sein dürfte, als die zur Zeit
von Kopernikus
in der Wissenschaft vorherrschende Überzeugung, dass sich das Universum
um die Erde drehe.
Glaubensprobleme
Handelt es sich aber bei der Evolutionstheorie tatsächlich um einen
weltanschaulichen Glauben, dann ist er in wenigstens einer Hinsicht allen
göttlichen Erklärungsmodellen unterlegen. Er liefert nämlich
nur sehr unbefriedigende Antworten auf drei wichtige Fragen der Menschen:
Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Und was ist der Sinn unseres Daseins?
Links zum Thema: