Samstag, 6. März 2010

Der natürliche Feind des Volkes

Wer oder was ist der natürliche Feind eines Volkes? Diese zunächst etwas absurde Frage entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine Schlüsselfrage der Staatstheorie. Auf dem Weg zu der ebenso einfachen wie vielfach verblüffenden Antwort hilft uns die Frage weiter, wer der Bevölkerung eines Landes im Verlauf der Geschichte quer durch alle Staatsformen wohl jeweils den größten Schaden zufügte. Sind es Naturgewalten? Sind es Seuchen? Sind es kriegerische Nachbarvölker? Sind es plündernde Verbrecher­banden?

Spätestens seit der Entstehung der Nationalstaaten liegt die Antwort für den Historiker auf der Hand. Der ärgste Feind eines Volkes ist gewöhnlich seine Regierung. Mehr noch als fremde Kolonial- oder Besatzungs­mächte haben häufig Regierungen mit rücksichtlosem Egoismus ihr Volk ausgeplündert und in Hungersnöte getrieben. Nicht irgendwelche Gesetzlosen oder Kriminellen haben den größten Schrecken unter der Bevölkerung verbreitet, sondern totalitäre Regierungen. Nicht Bürgerkriege, sondern Regierungen sind für die großen Völkermorde an unliebsamen Minderheiten verantwortlich. Selbst die verheerenden Kriege der Moderne gehen größtenteils nicht auf Streitigkeiten zwischen Völkern zurück, sondern auf korrupte und menschenverachtende Regierungen, die das eigene Volk mit Hetzpropaganda kriegswillig stimmten oder es gar mit Gewalt in einen vollkommen ungewollten Krieg zwangen.

Gibt es irgendetwas, das ein Volk vor seiner Regierung schützen kann? Ja. Man nennt diesen hart erkämpften Verteidigungswall gegen Herrschafts­missbrauch meist "Verfassung". Sie soll die Rechte und Freiheiten des Volkes klarstellen und bewahren. Und wer sich die einzelnen Artikel einer beliebigen Verfassung einmal genauer ansieht, kann unschwer erkennen, dass die darin festgeschriebenen bürgerlichen Rechte und Freiheiten tatsächlich in erster Linie vor staatlicher Willkür schützen wollen. Die in einer Verfassung definierte Staatsform mit all ihren organisatorischen Regeln stellt also nur die Art und Weise dar, wie dieser Schutz gewährleistet werden soll - z.B. mit Hilfe einer Gewaltenteilung.

Wie dringend dieser Verteidigungswall für Bürgerrechte auch in Deutschland notwendig ist, zeigt sich nicht zuletzt an der Häufigkeit und Selbst­verständlichkeit, mit der ihn Bundes- und Länder­regie­rungen überrennen. Mit großer Regelmäßigkeit verstoßen Gesetze und Regelungen selbst nach Auffassung des staatseigenen Bundes­verfassungs­gerichts gegen das Grundgesetz.

Damit wird schnell klar, wie widersinnig es ist, wenn sich in Deutschland ausgerechnet eine geheimdienstlich organisierte Regie­rungs­organisation "Verfassungs­schutz" nennt. Hier wurde also offenbar der Fuchs als Bewacher des Hühnerstalls abgestellt. Noch kurioser ist dies, wenn man bedenkt, dass selbiger Geheimdienst dem Innen­ministerium untersteht, also jener staatlichen Behörde, die nicht nur in der Vergangenheit immer wieder brutal gegen die Bevölkerung vorgegangen ist, sondern die auch ausdrücklich die Interessen der Regierung gegenüber dem Volk durchsetzen soll. Auf die Spitze getrieben wird diese Ironie freilich durch den Umstand, dass wir nicht einmal eine Verfassung besitzen. Denn unser Grundgesetz ist entgegen der öffentlichen Darstellung keineswegs mit einer Verfassung gleichzusetzen. Nicht nur, dass diese von den Siegermächten initiierte Verordnung nie dem Volk zur Abstimmung vorgelegt und noch nicht einmal komplett umgesetzt wurde (vgl. Art. 20 GG). Das 1949 in der BRD in Kraft getretene Grund­gesetz war darüber hinaus von Anfang an als Provisorium mit eingebautem Verfallsdatum angelegt. Implizites Ablaufdatum: Die Wieder­vereinigung Deutschlands (vgl. Art. 146 GG und BVerfG 2 BvR 373/83). Doch kurz vor der Angliederung der vormaligen DDR wurde von der Regierung schlicht das "Haltbarkeits­datum" im Text über­arbeitet. Ein bisschen erinnert dies an die heimliche Umde­klarierung von ver­gammeltem Hackfleisch im Supermarkt und wirft ein sehr eigentümliches Licht auf das Demokratie­verständnis der deutschen Regierung.

Zum Ansehen des hier hinterlegten Filmchens bedarf es eines aktuellen Flash-Plugins.

Man kann also mit Fug und Recht davon sprechen, dass dem deutschen Volk bislang eine eigene Verfassung vorenthalten wurde. Das hat offenbar Methode. Mit immer größerem Eifer werden in den letzten Jahren selbst noch die recht unkonkreten Schutzbe­stimmungen des Grundgesetzes aufgeweicht und verwäs­sert. Und mittlerweile wurde uns insgeheim sogar eine gänzlich neue Verfassung aufoktroyiert. In Kraft trat sie am 1. Dezember 2009. Sie firmiert unter Bezeichnungen wie "Vertrag von Lissabon", "EU-Reform­vertrag" oder schlicht "Neuer EU-Vertrag". Getarnt als harmonisierendes zwischen­staatliches Abkommen sind die Artikel dieses Vertrags brisanter Weise fast vollständig identisch mit der 2005 an Volksreferenden gescheiterten europäischen Ver­fassung. Besonders prekär ist dies vor dem Hintergrund, dass EU-Recht deutschem Recht übergeordnet wurde. Warum es keine Volksabstim­mung über unsere neue Pseudoverfassung gab? Weil das Volk sie womöglich abgelehnt hätte. Einen wirksamen Schutz des Volkes vor staatlicher Willkür beinhaltet das undurchsichtige, dubiose Vertrags­werk übrigens erwartungs­gemäß nicht.

Bei soviel antidemokratischer Energie der Regierenden verwun­dert es dann auch wenig, wenn niemand Genaues darüber sagen kann, auf welchem morastigen Weg der erste Präsident des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, am 19. November 2009 in dieses höchste europäische Amt gelangte.

Autor: Root   
Thema:  Politik, Recht
Veröffentlicht: 06.03.2010, 21:49 Uhr

Donnerstag, 26. März 2009

Die trügerische Sicherheit des DNA-Tests

Bisher wurden DNA-Tests als nahezu unfehlbar eingestuft und galten in der Beweisführung vor Gericht meist als absolutes Totschlag­argument. Wurde der "genetische Fingerabdruck" eines Angeklag­ten am Ort des Verbrechens gefunden, dann war der Beschuldigte eben vor Ort. Die theoretische Möglichkeit, dass auch - absichtlich oder zufällig - eine falsche DNA-Spur gelegt werden kann, blieb in der behördlichen Praxis eher eine belächelte Hypothese. Die deutsche und österreichische Polizei hat sie nun allerdings sehr eindrucksvoll belegt.

Rund 40 Verbrechen - darunter mehrere Morde - wurden aufgrund von DNA-Analysen einer unbekannten Frau zur Last gelegt, die vor allem 2007 durch einen Polizistenmord in Heilbronn Schlagzeilen machte. (vgl. Die Zeit) Trotzdem man eine Belohnung von 300.000 Euro auf ihre Ergreifung aussetzte und ihr sechs Sonderkommis­sionen und über 100 Kriminalisten seit 15 Jahren europaweit auf der Spur sind, wollte sie sich einfach nicht finden lassen. Nun zeigt sich, dass man die Schwerverbrecherin die ganze Zeit über am völlig falschen Ort gesucht hatte. Sie hielt sich nämlich nicht etwa im Umkreis der Tatorte auf, sondern versteckte sich allem Anschein nach in einer Produktionsanlage für Wattestäbchen. Und zwar jener Wattestäbchen, mit denen die Ermittler die DNA-Proben jeweils aufnahmen. So lüftet sich nun auch das Geheimnis um einen vermissten syrischen Asylbewerber, dessen DNA merkwürdiger Weise mit der DNA der Serientäterin übereinstimmte. Es waren wohl just die gleichen Ohrtupfer im Spiel.

Drei Fragen drängen sich in diesem Zusammenhang auf:

  1. Wieviele Vaterschaftstests verunsicherter Ehemänner fielen nur deshalb negativ aus, weil die benutzten DNA-Proben verunreinigt waren?
  2. Gibt es eigentlich irgendein wirksames Mittel gegen den naiven Fortschrittsglauben von Polizei und Justiz?
  3. Bekommt man jetzt tatsächlich jene 300.000 Euro Beloh­nung, wenn man die Phantomfrau an ihrem langjährigen Arbeitsplatz in flagranti mit einem Wattestäbchen in der Hand ertappt und der Polizei meldet?

Links zum Thema (Update):

Autor: Root   
Thema:  Recht
Veröffentlicht: 26.03.2009, 23:48 Uhr

Mittwoch, 25. März 2009

Technische Leyen und Kinderpornografie

Seit 1997 bin ich drin, wie es einst in der ungeheuer kreativen Werbung mit dem charismatischen Boris Becker hieß. Drin im Internet. Seitdem war ich - teils auch studiums- und jobbedingt - mehr im Web unterwegs als die meisten anderen Internetnutzer. Auf meinen Streifzügen durch den Datendschungel habe ich schon viel gesehen. Homepages über das perfekte Simulieren von Krankheiten, eBay-Versteigerungen 10 Jahre alter Sandwiches, Internetauftritte bekannter Unternehmen voll dreister Lügen, monatelang auf einen Käse gerichtete Webcams, Sexseiten von Tennissockenfetischisten, internetgesteuerte Gewehre, mit denen man Tiere ganz real per Mausklick erschießen kann oder live übertragene Selbstmorde. Eine Sache ist mir in diesen 12 Jahren allerdings noch nie begegnet: Kinderpornografie. Auf kinder­pornografische Inhalte stößt man nicht zufällig. Und selbst die gezielte Suche nach Kinderpornografie im Netz führt den Unein­geweihten zu Nachrichten, Kinderschutz­vereinen oder schlimmstenfalls Fakeseiten, auf denen dümmlich aussehende 21-Jährige mit aufgemalten Sommersprossen und rosa Schleife im Haar in Verlegenheitsposen auf die widerwärtigen Annäherungs­versuche von Schmuddelporno-Opas warten. Für echte kinder­pornografische Bilder oder Filme braucht man einschlägige Kontakte.

Natürlich ist der Kampf gegen Kindesmissbrauch und deren Vermarktung im Internet sinnvoll und gut! Aber wenn unsere Bundesfamilienministerin von der Leyen zukünftig Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten sperren lassen will, illustriert sie damit leider nur ihren Mangel an Sachkenntnis. Während nämlich der Kampf um die Abschaltung der skrupellosen und menschen­verachtenden Webseiten eine wichtige, wenn auch frustrierende Aufgabe der deutschen Strafverfolgungsbehörden ist, kann ein entsprechender Filter lediglich Schaden anrichten. Die umstrittene Sperre schaltet nicht die Angebote selbst ab, sondern verweigert - in der Theorie - die Zugriffe darauf. Da das Internet allerdings immer viele Wege zu einem Ziel kennt, lässt sich die geplante DNS-Sperre grundsätzlich kinderleicht umgehen. Dafür ist noch nicht einmal die Nutzung eines ausländischen Proxy-Servers notwendig. Außerdem würde schnell ein Hase-und-Igel-Spiel mit den Urhebern der zu sperrenden Webseiten beginnen, bei dem die Filter stündlich aktualisiert werden müssten, um überhaupt irgendeine Wirkung zu erzielen. In der Folge könnte das Bundeskriminalamt bestenfalls dafür sorgen, dass der "normale" Internetnutzer jene Kinderporno-Seiten nicht mehr aufrufen kann, auf die er ohnehin nie gestoßen wäre. Mit den nötigen Kontakten erfährt ein potenzieller Straftäter dagegen umgehend, wie er die Sperre mit einfachen Mitteln umgehen kann. Wirkliche Erfolge erhoffen sich daher nur technische Leyen Laien.

Gleichzeitig würde diese Sperre aus konzeptionellen Gründen zwangsläufig auch völlig unbeteiligte Webseiten blockieren. Und schlimmer noch: Einmal eingerichtet, kann das Filter-System leicht dahin gehend erweitert werden, dass unversehens auch politisch unerwünschte Inhalte ohne kriminellen Hintergrund blockiert werden, auf die man sonst tatsächlich zufällig stoßen könnte. Die angestrebten Filtermethoden sind ja andernorts längst im Einsatz. Beispielsweise in der Türkei, im Iran und in China. Mit anderen Worten: Die geforderten Sperren würden nicht helfen, aber einer längst erträumten, politischen Zensur des Internets Tür und Tor aufreißen. Und genau das ist auch das wahre Ziel dieser verlogenen Kampagne.

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Autor: Root   
Thema:  Internet, Politik, Recht
Veröffentlicht: 25.03.2009, 19:47 Uhr

Donnerstag, 12. März 2009

Machen Killerspiele Amokläufer?

Nun ist es wieder geschehen. Gestern Vormittag. Ein Amoklauf an einer deutschen Schule. Der eher unauffällige, 17 Jahre alte Tim - vor einigen Monaten wegen Depression in Behandlung - nimmt eine Beretta-Pistole und reichlich 200 Schuss Munition des Vaters mit in seine ehemalige Realschule in Winnenden und lebt dort im schwarzen Kampfanzug seine Gewaltfantasien aus. Acht Schüle­rinnen, einen Schüler und drei Lehrerinnen tötet er mit gezielten Schüssen. Außerdem muss ein Gärtner vor der benachbarten Psychiatrie sterben. Er zwingt einen Autofahrer, ihn fast zwei Stunden lang durch die Region zu fahren. Nachdem dessen Van auf einem Randstreifen stecken bleibt, geht Tim zu Fuß weiter. Im rund 40 km von seinem Ausgangspunkt entfernten Wendlingen wird er bei einem Schusswechsel mit der Polizei an den Beinen verwundet, entkommt aber in ein Autohaus und verlangt angeblich die Herausgabe eines Wagens. Weil ihm die Reaktion wohl zu lange dauert, erschießt er einen Verkäufer und einen Kunden. Als ihn die Polizei danach auf dem Parkplatz des Autohauses endlich stellt, bringt er sich scheinbar selbst mit einem Kopfschuss um (vgl. Der Spiegel). Bilanz: 16 Tote, dutzende traumatisierte Schüler.

Plötzlich fragen sich Beamte und Politiker: Wie konnte das passieren?! Betroffenheit. Ratlosigkeit. Beklemmung. Da fällt endlich das rettende Stichwort: Killerspiele! Ja, damit hat Tim doch in den letzten Wochen viel Zeit verbracht, nicht wahr? Sicherlich verringern einige sogenannte Killerspiele bei moralisch nicht gefestigten Menschen tatsächlich die Tötungshemmung und haben keinerlei Daseinsberechtigung. Nicht umsonst setzt das US-Militär zu diesem Zweck bei ihren Rekruten entsprechende PC-Simulationen ein (vgl. Zeit-Fragen). Und ja, vielleicht sollte man sich über die diesbezügliche Gesetzeslage Gedanken machen. Aber ist das nicht ein bisschen kurz gedacht? Hat sich Tim vielleicht sogar - ganz im Gegenteil - bei diesen Spielen abreagiert? Ist die Ursachensuche bei Computerspielen nicht etwas naiv und grotesk? Wenn nein, müsste man dann nicht auch Garten-Kinderspiele wie Cowboy und Indianer mit Zündplättchen­pistole und Gummi­tomahawk sicherheitshalber gleich mit verbieten?

Oder sollte man doch lieber ins Gespräch bringen, woher dieser blinde Hass, die unbändige Aggression, die erschreckende Mitleidlosigkeit und die erdrückende Ausweglosigkeit rühren? Warum ist nicht die Rede davon, dass man dringend Zusammenhalt und Kommunikation in den deutschen Familien stärken muss, statt mehr und mehr Erziehungsaufgaben und -zeiten in Kinder­tagesstätten und Schulen auszulagern? Wieso entsteht keine Debatte über gekürzte Gelder in der Jugendsozialarbeit? Weshalb kommt niemand zu dem naheliegenden Schluss, dass die Konkurrenz, Egoismus und Gewalt verströmende US-amerikanische Leitkultur vielleicht für die Mehrheit der Jugendlichen eine gefährlich kalte Leidkultur ist? Warum fragt keiner, wie man eigentlich humanistische Werte ohne den lebenspraktischen Glauben an einen menschen­freundlichen Gott begründen soll? Wie kommt es, dass niemand bemerkt, welch enormem Druck Jugendliche und junge Erwachsene ausgesetzt sind, seitdem sie beweisen müssen, dass sie nicht völlig überflüssig sind und nur der Staatskasse zur Last fallen?

Interessant ist übrigens die Reaktion unseres Bundes­innenministers. Herr Schäuble ist nämlich strikt gegen die Verschärfung der deutschen Waffengesetze. Das würde "die Freiheit einschränken". Aus dem Munde unseres Hannibal Lecters der Bürgerrechte klingt dieser Satz irgendwie, als hätte man statt Schäuble selbst ver­sehentlich ein überaus zynisches Schäuble-Double interviewt. Aber man darf nicht vergessen: Wolfgang Schäuble operiert hier just an seinem persönlichen Grabenbruch zwischen den Träumen von einem umfassenden staatlichen Gewaltmonopol (entwaffnete Zivilbevöl­kerung) auf der einen Seite und den Bestechungsgeldern illegalen Spenden von Waffenhändlern auf der anderen.

... Update September 2009 ...
Mittlerweile ist klar: Die polizeilichen Berichte zum Tathergang sind derart widersprüchlich, dass sich die von den Mainstream-Medien verbreitete Geschichte (siehe oben) nicht mehr aufrecht erhalten lässt. Bei einer gründlichen Recherche drängt sich der ungeheuer­liche Verdacht auf, es könnte sich bei diesem Massenmord um einen fingierten Amoklauf mit geheim­dienstlichem Hintergrund handeln.

Mit den zahllosen Ungereimtheiten und deren Implikationen hat sich der Historiker und Autor Andreas Hauß eingehend beschäftigt. An dieser Stelle sei sein Vortrag "Winnenden - ein Amoklauf?" empfoh­len. Andreas Hauß hielt den Vortrag am 27. August 2009 in Stuttgart.

Zum Ansehen des hier hinterlegten Filmchens bedarf es eines aktuellen Flash-Plugins.

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Autor: Root   
Veröffentlicht: 12.03.2009, 23:09 Uhr

Freitag, 2. Mai 2008

Im Sumpf der Innenpolitik

Eines Tages wird er seinen wohlverdienten Ruhm ernten und zu den Helden der ersten Stunde zählen. Ich rede von unserem Bundes­innenminister Dr. Wolfgang Schäuble. Gegen alle Widerstände, uneigennützig, mutig und der Unpopularität seiner Ziele zum Trotz, hat er sie möglich gemacht: Die gründlichste Strafverfolgung aller Zeiten! Die erfolgreichste Bekämpfung von Unruhe­stiftern und Oppositionellen, die es je gab! Das wird man dereinst in den Geschichts­büchern lesen. In den Geschichts­büchern jener vielver­sprechenden Staatsform, die kurzerhand nach dem Scheitern der Demokratie eingeführt werden wird.


© Christian Horvat :: Biometrie-Reisepass

Ganz so sehr zu Ehren kommen dürfte sein Vorgänger Otto Schily wohl eher nicht, obwohl doch er es war, der in die datenschutz­verseuchte Ideologie seiner Zeit eine Bresche für die biometrische Vollerfassung der Bevölkerung schlug. Aber Korruption genießt nun einmal kein großes Ansehen. Dummerweise ist bekannt geworden, dass Minister Schily direkt nach seinem Siegeszug gegen Datenschützer, Bürgerrechtler und andere unbelehrbare Bedenken­träger jeweils einen Aufsichtsrats­posten in zwei Biometrie-Unternehmen erhielt (SAFE ID Solutions AG und Byometric Systems AG), die beide unmittelbare wirtschaftliche Nutznießer des von Schily eingeführten ePasses sind. Und all das nur wegen dieser lächerlichen Bundestagsinitiative, nach der Abgeordnete plötzlich alle größeren Nebenverdienste offenlegen mussten! Glücklicher Weise konnte Herr Schily bisher unter dem Vorwand des Mandanten­schutzes verheimlichen, welche weiteren Einnahmen er als neben­beruflicher Rechtsanwalt bezieht und so zusätzliche Skandale vermeiden. Zwar wurde ihm wegen seiner Verschwiegenheit vom Präsidium des Bundestages kürzlich ein Bußgeld über 22.017 Euro auferlegt, doch als gewiefter Anwalt rechnet er damit, um die Zahlung herum zu kommen. Vielleicht auch, weil in der Rechts­stellungs­kommission des Bundestags schon wieder einzelne Änderungen an der Offenlegungs­pflicht von Nebeneinkünften debattiert werden. Es ist schon ein Kreuz mit der Transparenz!

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Autor: Root   
Thema:  Politik, Recht, Wirtschaft
Veröffentlicht: 02.05.2008, 12:19 Uhr

Sonntag, 22. Juli 2007

Überwachungsstaat? Das heißt?

Vorratsdatenspeicherung, biometrischer Pass, Videoüberwachung, Bundestrojaner. Und was hat das mit mir zu tun? Wer auf diese wichtige Frage endlich eine Antwort haben möchte, dem empfehle ich folgende Webseite:

Dort geht es übrigens nicht etwa um Zukunftspläne, sondern nur um die aktuellen Techniken und Praktiken.

Tipp: Auf die schwarzen Gegenstände in den Bildern kann man klicken. Benötigt wird ein ohnehin eher unabkömmliches Flash-Browser-Plugin neueren Datums.

Autor: Root   
Veröffentlicht: 22.07.2007, 21:13 Uhr

Dienstag, 17. Juli 2007

Neue Krankheiten braucht das Land

Der Nationale Ethikrat, bestehend aus 25 selbsternannten oder mutmaßlichen Moralexperten, hat sich gestern mehrheitlich für eine Lockerung des Stammzellengesetzes ausgesprochen. Grund: Die deutschen Wissenschaftler machen Druck. Sie schwärmen von den großartigen Möglichkeiten, die sich ihnen - und unserem Land natürlich - auftäten, wenn sie nur neue Stammzellen für Grundlagenexperimente und klinische Forschung gewinnen dürften. Andererseits warnen sie vor einer wissenschaftlichen Isolation Deutschlands, wenn die bisher nur halbherzig liberalen Regeln bestehen blieben. Angesichts des möglichen Ruhmes und Profits kümmert es sie wenig, dass bei ihrer Arbeit menschliche Embryonen getötet werden. Und selbst die in Wahrheit äußerst geringen Aussichten auf die versprochenen Erfolge in der Medizin halten sie nicht davon ab, über die grandiosen Vorzüge ihrer Forschung mit embryonalen Stammzellen zu schwadronieren. Dass sich für viele Zwecke ebenso geeignete Stammzellen aus der Nabelschnur, dem peripheren Blut oder dem Knochenmark entnehmen lassen, bleibt dabei aus strategischen Gründen unerwähnt.


© Nissim Benvenisty :: Stammzelle

Gleichzeitig steht die EU-Zulassung des Anbaus von Kartoffeln unmittelbar bevor, die von BASF zum Zweck der einträglichen Rohstoffgewinnung genmanipuliert wurden. Die genetisch veränderte Sorte mit dem blumigen Namen Amflora soll große Mengen Kartoffelstärke produzieren, die für die Herstellung von Textilien, Papier, Klebstoff, Waschmittel etc. geeignet ist. Die Folgen einer Freisetzung im gewohnten Stil birgt zwar u.a. wegen der Antibiotika­resistenzen der Knollen unabsehbare, und vor allem unkontrollierbare Risiken mit unumkehrbaren Folgen. So könnte die Widerstandsfähigkeit gegen Antibiotika über Bodenbakterien in unseren Organismus gelangen und uns eine hübsche Anzahl tückischer Krankheiten einbringen. Das Volk ist zudem laut Umfragen gegen derart selbstmörderische Experimente. Doch beides wird unsere Europakommissare auf längere Sicht kaum davon abhalten, gemäß der aggressiven und perfiden BASF-Lobbyarbeit eine Genehmigung zur Freiland-Pflanzung zu erteilen.

Selbstverständlich ist schon lange bekannt, dass einer erheblichen Anzahl von ehrgeizigen Wissenschaftlern und gierigen Managern nichts heilig ist. Das zeigt sich bereits an ihrem respektlosen industriellen Wortschatz, der vor Arroganz nur so trieft. Embryonen werden verbraucht, Stammzellen gewonnen, als handelte es sich um Energie oder Eisenerz. Pflanzen, Tiere und Bakterien werden entworfen, entwickelt, hergestellt, verbessert und paten­tiert, als ginge es nicht um Lebewesen, sondern um Staubsauger. Was möglich ist, muss nach den Gesetzen der Machbarkeit eben auch probiert werden - ob dabei nun Menschen zu Schaden kommen oder nicht. Umso mehr, wenn man sich damit eine goldene Nase verdienen kann.

Es wäre allerdings an der Politik, dieser gefährlichen Haltung klare (gesetzliche) Grenzen zu setzen. Doch leider lassen uns hier die guten Selbstdarsteller mit den teuren Anzügen erfahrungsgemäß feige im Stich. Sie gehen bei der Abstimmung schnell hinter Sachzwängen, Koalitions­vereinbarungen, Fraktions­absprachen und Experten­meinungen in Deckung und winken halb geduckt alles durch, wo ihnen andernfalls eine leichte Brise entgegen wehen könnte. Eine der brisantesten politischen Fragen unserer Zeit lautet deshalb: Wieviel Fatalismus, Korruption, Feigheit, Einfallslosigkeit und Kurzsicht ist eigentlich notwendig, um ein Land oder einen Staatenbund zugrunde zu richten? Ich vermute, es braucht dafür keineswegs so viel, wie sich unsere Politiker in Deutschland und Europa derzeit leisten.

PS: Mit viel Glück kann man ja vielleicht irgendwann in fernerer Zukunft mit einer Embryonen tötenden Stammzellen-Therapie tatsächlich eine jener unheimlichen Krankheiten kurieren, die aufgrund genmanipulierter Kartoffeln entstanden sind. Darüber hinaus wird das Rentenproblem kleiner, wenn die durchschnittliche Lebenserwartung endlich wieder sinkt.

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Autor: Root   
Veröffentlicht: 17.07.2007, 23:48 Uhr

Dienstag, 10. Juli 2007

Verhindert weitere Anschläge!

Bundesinnenminister Schäuble hat in dem gestern veröffentlichten Spiegel-Interview eine aufschlussreiche freudsche Fehlleistung vollbracht. Inmitten seiner Vorschläge zur Einführung eines nebulösen Straftat­bestands der Verschwörung nach gutem amerika­nischen Vorbild und der Internierung oder gezielten Tötung von "Gefährdern" äußerte er folgenden denkwürdigen Satz: "Wir müssen jedoch klären, ob unser Rechtsstaat ausreicht, um den neuen Bedrohungen zu begegnen."

Nun ist unser Rechtsstaat ja anpassungsfähig. Neue Gesetze können stets verabschiedet, neue Regelungen jederzeit eingeführt werden. Doch Schäuble bezweifelt offensichtlich, dass unsere rechts­staatlichen Mittel für seinen Kampf gegen den Terror genügen. Das bedeutet, er möchte bei Bedarf gern außerhalb des Rechtsstaates operieren.

Bekanntermaßen ist aber ein Rechtsstaat mit Ausnahmen nicht denkbar. Man kann ihn nur kultivieren oder abschaffen. Schäuble propagiert hier also indirekt die Auflösung des deutschen Rechtsstaates. Dies zeigt sich auch an seiner wiederholten Bezug­nahme auf die US-amerikanische Praxis. Denn wie wir wissen, wurde der amerikanische Rechtsstaat in Guantánamo, in Afghanistan, im Irak, im eigenen Land und an vielen anderen Orten wie z.B. in osteuropäischen CIA-Gefängnissen längst zu Tode gefoltert. Wolfgang Schäuble liegt nichts an einem Rechtsstaat, nichts an der Volksherrschaft, nichts an einer Verfassung, die seinen Handlungs­spielraum einschränkt. Ihm liegt nur etwas an einer Schein-Sicherheit, in der er sich wiegen möchte. Dabei nimmt er die Fehlbarkeit und Korrumpier­barkeit von deutscher Regierung, Justiz, Polizei und Bundeswehr gern billigend in Kauf.

Es ist allerdings völlig absurd, sich vor fiktiven terroristischen Anschlägen zu ängstigen, solange es in Deutschland jährlich weit über 100.000 reale Tote wegen Zigaretten­konsums gibt. Umso mehr, wenn das ausgerufene erhöhte Anschlagsrisiko vornehmlich US-Einrichtungen auf deutschem Boden betrifft. Wir müssen uns ängstigen vor politischen Anschlägen auf unseren Rechtsstaat und auf die friedliche Grundhaltung unseres Landes! Denn beides untergräbt unsere innere und äußere Sicherheit weit effektiver und nachhaltiger, als einige von der Bevölkerung nicht nachvollziehbare Attentate es je tun könnten. Nicht irgendwelche religiösen Fanatiker stellen die Bedrohung dar, sondern unsere eigene Regierung. Wir haben uns nicht vor islamistischem Terrorismus zu fürchten, sondern vor unserem paranoiden, Panik verbreitenden Kontroll­minister! Deshalb meine dringliche Bitte: Stoppt Schäuble! Setzt diesen Gefährder ab, bevor er noch mehr Schaden anrichtet!

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Autor: Root   
Thema:  Politik, Recht
Veröffentlicht: 10.07.2007, 18:11 Uhr

Donnerstag, 21. Juni 2007

Der Staatsfeind Nr. 1

Die Verfassung eines Landes ist dazu gedacht, die Grundrechte, Werte und Funktionsweisen des Staates festzuschreiben und stellt daher u.a. auch die Basis des gesamten Rechtssystems dar. In einem demokratischen Rechtsstaat muss sie vom Volk - oder zumindest seinen gewählten Vertretern - bestätigt werden und gilt bis zum Beschluss einer neuen Verfassung als bindender Gesamtkonsens. Wegen dieser fundamentalen Bedeutung für den Staat bzw. das Volk gilt die Verfassung als besonders schützenswert, ein Verfassungsgegner folgerichtig als Staatsfeind.

Die aktuelle (provisorische) Verfassung der Bundesrepublik Deutschland heißt Grundgesetz, wurde 1949 in Kraft gesetzt und gilt seit dem 3. Oktober 1990 für Gesamtdeutschland. Geschützt wird sie (nach innen) vor allem von zwei eigens zu diesem Zweck eingerichteten Organen: Dem Bundesverfassungsgericht und dem Bundesamt für Verfassungsschutz, kurz BfV. Letzteres soll vor allem auf geheimdienstlichem Weg und mit rechtsstaatlichen Mitteln verhindern, dass Personen oder Personengruppen in Deutschland gegen die Verfassung verstoßen.


© Wikipedia.org :: Grundgesetz

Was aber, wenn der Verfassungsschutz selbst einem Verfassungsfeind untersteht? Was, wenn der Schirmherr des Verfassungsschutzes Demokratie und Verfassung in ihrer derzeitigen Form missbilligt? In einem Artikel der FAZ mit dem vielsagenden Titel "Weniger Demokratie wagen?" schrieb Wolfgang Schäuble schon 1996 in seiner damaligen Funktion als Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU: "Die Verfassung ist immer weniger das Gehege, in dem sich demokratisch legitimierte Politik frei entfalten kann, sondern immer stärker die Kette, die den Bewegungsspielraum der Politik lahmlegt." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ausgabe vom 13. September 1996). So ist es nur konsequent, wenn er nun als Bundesinnenminister und Rädelsführer des BfV dem Grundgesetz zuwider mit Trojanern ermitteln lässt, die rechtsstaatliche Unschuldsvermutung in Frage stellt, die Versammlungsfreiheit einschränkt oder die Bundeswehr im Inland einsetzt. Warum sollte man das Recht nicht einfach so lange schleichend beugen und brechen, bis sich alle daran gewöhnt haben? Danach kann man es dann ganz unspektakulär und ohne großen Protest an die übliche Praxis anpassen. Das hat sich noch immer bewährt!

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Autor: Root   
Thema:  Politik, Recht
Veröffentlicht: 21.06.2007, 19:13 Uhr

Dienstag, 6. März 2007

Unrechtsstaat

Was zeichnet einen Rechtsstaat aus? Zunächst einmal, dass herrschende Gesetze nicht von einzelnen Personen oder Institutionen umgangen werden dürfen, also auch nicht von der Staatsregierung selbst (Prinzip der Legalität). Darüber hinaus haben in einem Rechtsstaat solche Gesetze keine Gültigkeit, die allgemein anerkannte Menschenrechte verletzen oder im Widerspruch zur eigenen Verfassung stehen (Prinzip der Legitimität).

Wenn nun amerikanische Gerichte mit einem Hinweis auf die angebliche Gefährdung der nationalen Sicherheit die Klage von Khaled al Masri abweisen, so weigern sie sich damit, die Entführung und Misshandlung eines Menschen durch amerikanische Staatsbürger zu ahnden und ermöglichen der US-Regierung und der CIA so ganz offiziell, straffrei illegal und illegitim zu handeln. Entsprechend fallen die USA eindeutig nicht mehr unter die (eigene) Definition von Rechtsstaat. Daran haben wir uns allerdings spätestens seit Guantánamo gewöhnt.

Natürlich regen wir uns darüber auf, dass al Masri (angeblich) aufgrund eines verhängnisvollen Irrtums unschuldig verschleppt, ohne Aussicht auf ein Gerichtsverfahren 5 Monate lang inhaftiert und gefoltert wurde. Selbstverständlich muss dieses Unrecht gesühnt werden! Aber würden wir uns auch so erhitzen, wenn es einen nachweislich schuldigen Terroristen erwischt hätte? Dabei sind Entführungen und Folterungen in den USA ebensowenig legal, und aufgrund der allgemein anerkannten Menschenrechte (UN-Anti­folterkonvention) genauso wenig legitim wie bei uns - ganz egal, ob die Anschuldigungen zutreffen oder nicht. Aber wir sind schon so abgestumpft, dass es unseren Gerechtigkeitssinn kaum mehr anficht, wenn ein Staat sich über die eigenen Gesetze und Menschenrechte hinwegsetzt. Wenn wir nicht endlich aufwachen, werden sich auch in Deutschland derartige Handlungsweisen mehr und mehr etablieren. Die kritische Frage lautet also: Bleibt Deutschland ein Rechtsstaat? Die Einflüsse von außen gehen in eine andere Richtung.

Autor: Root   
Thema:  Politik, Recht
Veröffentlicht: 06.03.2007, 14:43 Uhr

Dienstag, 6. Februar 2007

Vorsicht Innenminister!

Innenminister sind eine seltsame Spezies. Sie versuchen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen, indem sie unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung demontieren. Das klingt zunächst lustig schildbürgerlich. Und wahrscheinlich schwelgen die Minister des Inneren schon immer nachtnächtlich in süßen Träumen von der Total­überwachung. Aber seit dem 11. September 2001 hat sich etwas Wesentliches verändert: Nach Jahrzehnten weitgehend geheim gehaltener amerikanischer Interventionspolitik haben die Terror­anschläge den USA einen brillanten Vorwand geliefert, ihre stets katastrophal missratene Außenpolitik nun öffentlich fortzusetzen, ja drastisch zu verschlimmern. Mit der verlogenen Phrase vom "Kampf gegen den Terror" rechtfertigt die Regierung Bush/Cheney nun jeden der perfiden Schachzüge auf dem internationalen Spielbrett. Unsere europäischen Regierungen - allen voran die arroganten Briten - plappern das hohle Geschwätz natürlich einfach nach - in der Hoffnung, ein Stück vom großen Ölkuchen abzubekommen. Als wäre dies alles nicht schon schlimm genug, kommen nun die hysterischen Innenminister im Kielwasser der Demagogen und Militaristen daher gefahren und überzeugen uns, dass die folgenschweren Einschnitte in unsere Persön­lichkeits­rechte nur unserer eigenen Sicherheit dienten.


© unbekannt :: New York, 11.09.2001

Und was tun wir? Wir nehmen unsere Innenminister ernst. Und wie immer, wenn man Schildbürger ernst nimmt, wird auch ihre Lachnummer zum bitteren Ernst. Ja, wir glauben unseren Schilys, Becksteins und Schäubles - aus einer tiefsitzenden Angst heraus, die die sensations­heischenden Medienkonzerne in uns geschürt haben - mit ihrem gebetsmühlenartig wiederholten Geplapper von den ungeahnten Gefahren des islamistischen Terrors. Und wer noch immer ungläubig ist, der fühlt sich trotz aller Vorstöße in Richtung Überwachungsstaat à la "1984" ebenso sicher, wie Herr al-Masri vor seiner irrtümlichen Entführung und Folterung. Oder wie der Brasilianer Jean Charles de Menezes, der in Großbritannien von Polizisten im Anti-Terror-Fieber fälschlicher Weise erschossen wurde. Solche kleinen Verwechslungen gab es übrigens in England auch schon früher. Es sei nur an die "Guildford Four" erinnert.

Kann schon mal passieren. Aber mir doch nicht. Biometrische Daten im Ausweis? Keine Gefahr. Von weitem auslesbare Pässe? Diese Technik wird bestimmt niemand knacken. Großräumige Video­überwachung in den Innenstädten? Ich habe nichts zu verbergen. Automatische Nummernschildscans? Die werden schon richtig funktionieren und nicht versehentlich mich aus dem Verkehr ziehen. Speicherung von Telefon­verbindungen, Internet-IPs und E-Mails? Ich mache doch nichts Verbotenes. Handyortung nach Belieben? Worin besteht das Risiko? Wanzen in der Wohnung und abgehörte Telefonate? Das sind wir doch schon aus DDR-Zeiten gewohnt. Überprüfung meiner Konten? Was soll's. Polizeiliche Trojaner, die die Festplatte ausspionieren und heimlich die Webcam aktivieren? Isch 'abe gar keine Webcam. Große vernetzte Datenbanken über die Bevölkerung? Die werden schon nicht von den falschen Leuten gehackt.

Der Meister des politischen Kabaretts, Volker Pispers, kommentierte 2004 die Kampagne für biometrische Daten im Personal­ausweis folgendermaßen:

"Der Otto Schily hat gesagt: Der Beckstein hat Recht. Und wir sollen uns nicht anstellen mit dem Daten­schutz. Die Spanier hätten den Finger­abdruck seit über 30 Jahren im Personal­ausweis - und das stimmt, das hat der General Franco noch eingeführt. Schilys großes Vorbild. Ist in Spanien blöd gelaufen. Hat ein Diktator eingeführt, ist der Demokratie in die Hände gefallen. Schily macht das lieber umgekehrt. Und sobald wir den Finger­abdruck im Personal­ausweis haben, dann sind wir sicher, nicht? Ich wette mit Ihnen, dann haben wir genau so wenig Terror­anschläge wie die armen Spanier."

Der Dresdner Informatik­professor Andreas Pfitzmann brachte es auf den Punkt: "Die Terroristen haben versucht, unsere Gesellschaft zu erschüttern. Die Innenminister haben es geschafft." Unterdessen sitzen die Terroristen vor dem Fernseher und lachen sich ins Fäustchen. Beweist ihnen doch jede Initiative unserer wild­gewordenen Innenminister, wie leicht die westliche Welt aus den Angeln zu heben ist. Mit jedem Anschlag steigt ihre Gewissheit über die großartigen Erfolgs­aussichten des Terrors. Und zur Vorbeugung vor weiteren Terrorakten muss wiederum jeder Deutsche zunächst wie ein Verdächtiger behandelt werden. Oder können Sie sich etwa sicher sein, dass in Ihnen nicht auch irgendwo ein kleiner Terrorist schlummert? Mit den Anschlägen vom 11. September hat sich das deutsche Volk eben leider das Vertrauen der Regierung verscherzt. Bertolt Brecht dreht sich derweil im Grab um und raunt noch einmal: "Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?"

Benjamin Franklin, einer der Gründungs­väter der USA, hat seinerzeit behauptet: "Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird beides verlieren." In diesem Sinne gute Nacht!

Autor: Root   
Thema:  Politik, Recht
Veröffentlicht: 06.02.2007, 01:09 Uhr

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