Samstag, 24. Februar 2007

Gegen ein kinderfreundliches Deutschland?

Der Augsburger Bischof Walter Mixa hat laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstag die Politik unserer Familienministerin Ursula von der Leyen kritisiert: Wer Mütter durch finanzielle Vorteile dazu anrege, ihre Kleinkinder bereits kurz nach der Geburt in staatliche Betreuung zu geben, degradiere sie zu einer "Gebärmaschine". Damit hat er den Spieß dieser einst feministischen Kampfparole überaus erfolgreich umgedreht. Nun schlagen die Wellen hoch und höher. Auch wenn in den Parteien sonst ein mindestens ebenso rauher Umgangston herrscht, so sind die meisten armen Krippenbefürworter an dieser Stelle zutiefst erschrocken, schockiert und verstört von Mixas Votum. Kurzum: Sie sehen sich als Opfer einer ungeheuerlichen Beschimpfung. Der Rest der selbsternannten Ritter im Auftrag der modernen, selbstbestimmten Frau empört oder erheitert sich, fordert eine Entschuldigung oder gleich den Rücktritt des Bischofs. Diese Art des Umgangs mit an sich harmlosen Meinungsäußerungen ist die verbreitete pseudotolerante Form von Meinungsunterdrückung, auf die wir dieser Tage immer häufiger treffen. Und Roger Willemsen hat einmal gesagt: "Abweichende Meinungen werden immer dann unterdrückt, wenn sie besonders wichtig sind."

Der Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens und stellvertretende Vorsitzende der CDU, Jürgen Rüttgers, meinte im Zusammenhang dieser hochgekochten Debatte sinngemäß, dass es ein zentrales Kriterium für die Kinderfreundlichkeit eines Landes sei, ob Mütter von Säuglingen guten Gewissens arbeiten könnten. Wo genau geht es hier bitteschön um die Bedürfnisse der Kinder? Demnächst heißt es dann wohl auch, dass Abtreibungen wichtig für das gesunde Heranwachsen der übrigen Kinder sind. Schließlich muss man Wein und Tomaten ja auch ausgeizen.

Links zum Thema:

Autor: Root   
Thema:  Gesellschaft, Politik
Veröffentlicht: 24.02.2007, 21:52 Uhr

Freitag, 23. Februar 2007

Atomwaffen: Zweierlei Maß

Selbstverständlich ist es keinesfalls wünschenswert, dass der Iran in den Besitz von brauchbaren Atomwaffen kommt. Aber ist es denn wünschenswert, dass Amerikaner, Briten, Chinesen, Franzosen, Inder, Israelis, Pakistani und Russen im Besitz von Atomwaffen sind? Was kann man dagegen einwenden, wenn sich Nordkorea vor der aggressiven amerikanischen Außenpolitik zu schützen versucht, indem es sich zu einer der unantastbaren Atommächte aufschwingt?

Besonders grotesk wird es, wenn ausgerechnet die USA auf ein Atomwaffenverbot pochen, wo sie selbst als einziges Land der Welt skrupellos Atombomben im Krieg eingesetzt haben. Und wo doch gerade sie mit ihrer verlogenen, frechen, egozentrischen und vor allem kolonialen Weltpolitik jeden Monat einen neuen Anlass liefern für nachvollziehbare Bemühungen, endlich an Kernwaffen zu kom­men.

Nehmen wir einmal an, der Iran strebt tatsächlich nach Atomwaffen. Beweise gibt es dafür bislang keine und die aktuellen Uranan­reicherungen sind rechtlich vollkommen legitim. Aber gehen wir einen kurzen Moment davon aus. Natürlich hätte der Iran dann 1968 den Fehler begangen, den Atomwaffen­sperr­vertrag zu unterzeichnen und sich damit die Inspekteure der Atomen­ergie­behörde ins Land zu holen. Doch wie können sich die USA allen Ernstes und von der UNO ungestraft das Recht herausnehmen, statt ihre Abrüstungs­pflichten nach Artikel 6 des Atomwaffen­sperr­vertrages zu erfüllen, selbst beständig weitere Atomwaffen zu entwickeln und es gleichzeitig anderen Staaten bei Kriegsandrohung zu untersagen?


© NARA :: Hiroshima 1945

Angesichts all der Uneinigkeit, Verschlagenheit, Feigheit und Käuf­lichkeit in der UNO scheint es wirklich keinen anderen Schutz vor den Absolutheits­ansprüchen der US-Amerikaner zu geben, als selbst Atomwaffen zu besitzen. Wem will man also jenes Streben verübeln, das die bisherigen Atommächte weltpolitisch so souverän gemacht hat? Zweifelsohne wird schon allein diese verlogene Doppelmoral eine Reihe hartnäckiger Feindschaften stiften. Die einzige Chance auf einen Funken weniger Willkür und Ungerechtigkeit in dieser Angelegenheit wäre die weltweite Abschaffung von Nuklearwaffen. Anfangen sollten damit die USA. Schließlich haben sie ja auch das unselige atomare Wettrüsten in Gang gesetzt.

Autor: Root   
Thema:  Krieg, Politik
Veröffentlicht: 23.02.2007, 14:59 Uhr

Donnerstag, 22. Februar 2007

Raketenabwehrschild: Zu dumm zum Lügen?

Die Regierungen Polens und Tschechiens kriechen den USA gern in den Hintern. Das war beim Irakkrieg so, und das ist bei dem geplanten US-amerikanischen Raketenabwehrschild so. Ob sie dies vornehmlich tun, weil sie sich davon weltmachtpolitische, finanzielle oder sicherheitsstrategische Vorteile versprechen, ist schwer zu sagen. Leicht zu sagen ist dagegen, dass ihnen dabei die Meinung der eigenen Bevölkerungen ebenso gleichgültig ist, wie der Standpunkt der restlichen EU-Mitglieder. Ob sie die Russen nun aus alter Ostblock-Feindschaft oder aus Dummheit brüskieren, wird aber ebenfalls im Dunkeln bleiben. Bei den Yankees steckt vermutlich schlichtweg eine brillante Arbeit der Waffenlobby hinter dem Projekt. Denn mit einem derart schlecht getesteten und wirkungslosen System dürfte wohl nur der amerikanischen Waffenindustrie gedient sein.

Dass verärgerte Russen immer recht unberechenbar reagieren, hatten die Lobbyisten scheinbar arglistig verschwiegen. Als dies Georg W. Bush im Nachhinein zugetragen wurde, fiel ihm aber gleich eine geniale Lösung ein: Der Raketenabwehrschild in Osteuropa diene ja gar nicht dem Schutz vor russischen Raketen, sondern vielmehr als Schutz vor Langstreckenraketen aus dem Iran und aus Nordkorea. Besonders bei den Nordkoreanern steht ein Angriff auf Polen und Tschechien ja schon lange aus! Dass die Russen wirklich so blöd sind, dies zu glauben, darf selbstverständlich bezweifelt werden. Entsprechend werden sie sicherlich unberechenbar bleiben. Dabei wäre es für Bush doch viel einfacher gewesen, statt dieser Lüge einfach die Wahrheit zu sagen und der Welt mitzuteilen, dass das amerikanische Raketenabwehrsystem ohnehin funktionsunfähig ist, allein wirtschaftlichen Interessen dient und daher auch niemandes Gemüter erhitzen muss. Außer den Gemütern ameri­kanischer Steuerzahler vielleicht.

Hintergrund: Wozu ein Raketenabwehrschild?

Warum sorgt diese augenscheinliche Verteidigungswaffe aber dennoch für so großen Unmut in Moskau und schürt Ängste vor einem neuen Wettrüsten? Was ist denn überhaupt der strategische Zweck eines solchen Abfangsystem? Soll es in erster Linie das US-amerikanische Staatsgebiet von Raketenangriffen abschirmen, oder eher die nicht ganz unwichtigen amerikanischen Militärbasen in Europa? Das Pentagon erweckt derzeit nicht den Anschein, als wolle es diese Frage beantworten. Zu befürchten ist aber vor allem, dass die Stationierung von Patriot-Abwehrraketen nicht dem Schutz vor einem atomaren Erstschlag dient, da es diesen ohnehin nicht gewährleisten könnte, sondern als Schutz vor der geschwächten Reaktion Russlands auf einen verheerenden amerikanischen Erst­schlag mit Nuklearwaffen.

Links zum Thema:

Autor: Root   
Thema:  Krieg, Politik
Veröffentlicht: 22.02.2007, 23:43 Uhr

Sonntag, 18. Februar 2007

Frühlingszauber

Krokus Pokus Fidibus
Kälte, Schnee Verschwindikus!


Kroküsse

Autor: Root   
Thema:  Natur, Persönlich
Veröffentlicht: 18.02.2007, 16:53 Uhr

Mittwoch, 14. Februar 2007

Fremdbetreuung von Kindern als Ideologie

Eine aktuelle UNICEF-Studie hat die Situation von Kindern in 21 Industrieländern miteinander verglichen. Deutschland landete auf dem mittelmäßigen Platz 11. Die Vorsitzende von UNICEF Deutschland, Heide Simonis, betrachtete es vor allem als aussagekräftig und bedenklich, dass sich 40% der befragten Kinder und Jugendlichen über die Kommunikation mit ihren Eltern beklagten. Deshalb forderte sie dann auch gleich wieder mehr Ganztagsschulen und mehr frühkindliche Betreuung. Das wird bestimmt die Kommunikation mit den Eltern deutlich verbessern! Viele Menschen bekommen es offenbar problemlos hin, jede Information so umzudeuten, dass sie wunderbar zu ihrer Überzeugung und in ihr ideologisches Weltbild passt.

Links zum Thema:

Autor: Root   
Thema:  Gesellschaft, Politik
Veröffentlicht: 14.02.2007, 13:26 Uhr

Dienstag, 13. Februar 2007

Privatisierung: Alles muss raus (Teil 2)

Die Führung von Staats­unternehmen hat gute Gründe. Man möchte damit den zuverlässigen, souveränen Zugriff auf wenigstens einige der wichtigsten Ressourcen gewährleisten: Kommunikation, Verkehr, Energie, Sicherheit und zum Großteil auch Bildung und Kranken­versorgung. Ein Staatsbetrieb muss keinen Gewinn erwirtschaften und kann sogar im Dienst wichtiger Ziele bewusst mit Verlust geführt werden, um beispielsweise eine billige Grund­versorgung zu sichern.

An diesen Stellen im Rahmen eines staatlichen Räumungs­verkaufes die Kontrolle zu verschachern, bedeutet, substanzielle nationale Interessen einfach markt­wirtschaftlichen Prinzipien unterzuordnen. Essenzielle Grundgüter eines ganzen Volkes also den zweifelhaften Interessen einer kleinen (daran verdienenden) Minderheit anheim zu stellen - mit all ihrem hässlichen aber naturgemäßen Egoismus. Und natürlich mit der Möglichkeit, über Zugangspreise, Arbeitsplätze, Steuern usw. starken Druck auf politische Entscheidungen auszu­üben. Damit wird der Aktionsradius unserer Regierung unmittelbar eingeschränkt und auf lange Sicht der Handlungs­spielraum des Staates komplett blockiert. Die beliebte Parole vom schlanken Staat ist nichts weiter als die Forderung der Wirtschaft nach einer schwachen Volksvertretung. Es ist also keineswegs polemisch und übertrieben, bei Privatisierungen vom Ausverkauf der Demokratie zu reden.

Jetzt werden einige sagen: "Mit diesem Statement bist du leider ein bisschen spät dran, alle wichtigen Staatsbetriebe sind ja längst privatisiert." Das trifft aber nur zum Teil zu. Auf einigen Gebieten lässt sich augenblicklich noch vieles retten (z.B. Wasser­versorgung oder Verkehrsnetz). Auch die offenbar geplante Privatisierung der Rente steht noch am Anfang. Erst neuerdings schickt sich unsere Regierung im Übrigen an, mehr und mehr hoheitliche Aufgaben aus der Hand zu geben. Hoheitliche Aufgaben sind solche, bei denen sich der einzelne Bürger dem Staat gegenüber unterordnen muss. Dazu gehören nach der auf Montesquieu zurückgehenden "Gewalten­teilung" also vor allem Legislative (Gesetz­gebung), Exekutive (Ver­waltung, Polizei, Armee) und Judikative (Recht­sprechung). Hier sechs Beispiele für halsbrecherische Privati­sierungen. Es gäbe freilich noch viele mehr.

Beispiel 1: Public Private Partnership

Unter diesem wohlklingenden Namen werden in Deutschland nicht zuletzt staatliche Gebäude verkauft und dann an die bisherigen Nutzer (vor allem Ämter und Kommunen) vermietet. Hier zu glauben, der Staat könne finanziell profitieren, ist unrealistisch und unaufrichtig. Wenn es sich nicht um reine Korruption handelt, so dient dieses Betreibermodell - wie viele andere Privatisierungs­aktionen auch - der einmaligen Aufbesserung des öffentlichen Haushalts zum Preis wesentlich höherer laufender Kosten. Auch die umgekehrte Halb­privatisierung, z.B. in Form einer Vermietung der kommunalen Wasserversorgung, zieht nur deutlich steigende Gebühren und eine Herunter­wirtschaftung der Infrastruktur nach sich, da sich Instand­haltungs­arbeiten kurzfristig nicht auszahlen und langfristige Investitionen für den privaten Betreiber nicht lohnen.

Beispiel 2: Gesetzentwürfe

Immer öfter werden tückische Gesetzentwürfe und Änderungs­vorschläge von Wirtschafts- und Industrie­vertretern selbst ausge­arbeitet, ohne dass der Bundestag vor seiner Zustimmung Wind davon bekäme. Teilweise sitzen die entsprechenden Mitarbeiter der Konzerne wie beim Personal­austausch­programm "Seitenwechsel" gar in den Ministerien selbst. Hier handelt es sich um eine gefährliche, von der Bundesregierung initiierte Privatisierung des Gesetz­gebungs­prozesses.

Beispiel 3: Politikberatung

Von einigen Ausnahmen abgesehen dringt es meistens nicht an die Öffentlichkeit, wenn sich unsere Kanzler, Minister, Staatssekretäre, politischen Fachgruppen und Behörden mit fünf- bis siebenstelligen Sümmchen die Ratschläge namhafter Unternehmens­berater kaufen (vgl. Die Zeit). Dabei ist die Geldverschwendung für skandalös teure Beraterverträge nur ein Aspekt dieser Sache. Schwerer wiegt, dass sich die Anliegen von Politik und Wirtschaft so fundamental voneinander unterscheiden, dass man renommierte Wirtschafts­berater keineswegs als Experten für gute Politik ansehen darf. Normalerweise arbeiten sie sozusagen für die Gegenseite. Entsprechend ließen sich Sachverständige ohne wirtschaftliche Ideologie­brille am ehesten in den eigenen Reihen finden. Die wären dann natürlich auch viel billiger. Welche Gründe stecken überhaupt hinter der Inanspruch­nahme privater Consulting-Firmen? Ist es die Möglichkeit, politische Fehlentscheidungen nachher auf die falsche Beratung zu schieben? So nach dem Motto: "Nicht einmal McKinsey ist eine bessere Lösung eingefallen."? Oder gehen die betreffenden Politiker nur zu sehr von sich selbst aus und können sich kompetente Mitarbeiter in den eigenen Reihen beim besten Willen nicht vorstellen?

Beispiel 4: Polizeiliche Ermittlungen

Interessant wird es auch, wenn die Polizei Ermittlungsaufgaben aus der Hand gibt. Wie beispielsweise kürzlich bei der privaten Rasterfahndung "Mikado". Dabei hatten 14 Kreditkarten­unternehmen von der sachsen-anhaltinischen Polizei den Auftrag erhalten, alle deutschen Inhaber einer Kreditkarte daraufhin zu überprüfen, ob sie in einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Summe auf ein bestimmtes Konto überwiesen hätten. Nämlich auf das Konto einer mutmaßlich amerikanisch-philippinischen Kinderschänder-Firma, die Kinderpornos über einen kostenpflichtigen Zugang im Internet anbietet. 13 Unternehmen kamen der Aufforderung ohne richter­lichen Beschluss freiwillig nach und lieferten der Polizei die gewünschten Namen. Alles schön und gut. Aber glaubt irgend jemand ernsthaft, dass die ausgehändigte Trefferliste nicht zuvor um die Namen wichtiger Mitarbeiter oder Großkunden dieser Kredit­karten­firmen bereinigt wurde?

Beispiel 5: Gefängnisse

Nach erfolgreicher Ermittlungsarbeit der Banken landen die Kinder­porno­konsumenten dann im profitablen Privatknast. Das heißt ganz privat ist der Knast dann doch nicht. Das lässt unser Grundgesetz nicht zu. Für die Maßregelung der Gefangenen müssen immer noch staatliche Wärter hinzugezogen werden. Aber das Grundgesetz lässt sich auch um eine weitere Ausnahme ergänzen - schließlich sind Abtreibungen theoretisch auch unzulässig. Privat geführte Gefäng­nisse sind einfach viel billiger. Warum sie billiger sind, fragt sicherheitshalber niemand. Das Einsparungs­potenzial liegt erfah­rungsgemäß vor allem in Anzahl und Entlohnung der Beschäftigten. Aber weniger Personal sorgt für schlechteres Klima und mehr Kriminalität innerhalb der Gefängnis­mauern. Und niedrigere Löhne der Bediensteten erhöhen die Korruptions­anfälligkeit. Doch wen kümmert's? Denn boomt die private Gefängnis­industrie erst einmal wie z.B. in den USA, dann haben wir gleich noch eine dicke Lobby für die beständige Verschärfung des Strafgesetzes im Land. Und mehr Haftstrafen heißt weniger Arbeitslose. Wer das für einen schlechten Witz hält, weiß wahrscheinlich noch nicht, dass in den USA von 100 volljährigen Einwohnern einer im Gefängnis sitzt.


© Knowmore.org :: Contractor im Irak

Beispiel 6: Kriegsführung

Wo wir gerade beim Thema Sicherheitsfirmen sind: In Deutschland schwebt noch immer eine Große Anfrage der FDP, welchen Status Sicherheits- und Militärfirmen eigentlich haben. Derzeit ist die Privatisierung des Krieges nämlich auf dem großen Vormarsch. Im Irak stellen die momentan etwa 20.000 Angestellten privater Militärfirmen nach der US-Armee und noch vor der britischen Armee das zweitgrößte bewaffnete Kontingent! Die Legalität von Privatsoldaten ist allerdings in vielen Ländern noch gar nicht geklärt. Nicht nur, dass Söldnerheere viel schwerer zu kontrollieren sind als reguläre Truppen, vor allem haben sie ein begründetes wirtschaftliches Interesse an der Fortdauer des Krieges. Es liegt also auf der Hand, dass der Einsatz von Söldnern in den meisten Fällen kontraproduktiv und extrem riskant ist. Krieg gehört deshalb unter keinen Umständen in die Hände von Unternehmern!

Beispiel 7: Anwaltliche Abmahnungen

Kaum jemand in unserem Land, der noch nichts vom deutschen Abmahn-Unwesen gehört hätte. Ja, richtig, anwaltliche Abmah­nungen sind eine Form von privatisiertem Rechtsvollzug - oder werden zumindest regelmäßig als solche genutzt. Man könnte also durchaus auch von Selbstjustiz sprechen. Eingeführt wurden sie ursprünglich, um die Gerichte von wettbewerbs­rechtlichen Klagen zu entlasten. Aber ohne staatliche Kontrolle laufen sie aus dem Ruder und treffen immer häufiger Unschuldige. Die sehen sich dann plötzlich mit ungerecht­fertigten und völlig unverhältnis­mäßigen Zahlungs­forderungen konfrontiert, denen sie lieber nachkommen, weil sie das Risiko und die Energie­verschwendung einer gerichtlichen Auseinander­setzung scheuen.

Autor: Root   
Thema:  Politik
Veröffentlicht: 13.02.2007, 11:41 Uhr

Donnerstag, 8. Februar 2007

Privatisierung: Alles muss raus (Teil 1)

Durch Privatisierung wird alles besser und vor allem billiger! Dafür sorgt der marktwirtschaftliche Wettbewerb. Nehmen wir zum Beispiel das Telefon. Hätten Sie sich 1995 vorstellen können, vor 18 Uhr ein Auslandsgespräch in die USA für 1,5 Cent pro Minute zu führen - also für rund 3 Pfennige? Wie, die Post? Ach so, Sie meinen, Briefe und Pakete seien nach der Privatisierung der Post teurer geworden? Na gut, Ausnahmen gibt es immer. Aber fällt Ihnen außer der Post irgend etwas ein, das nach einer Privatisierung teurer geworden ist? OK, der Strom. Aber fällt Ihnen außer Post und Energieversorgung irgend etwas ein? Also gut, die Bahn. Aber kennen Sie außer Post, Energieversorgung und Bahn noch irgend ein negatives Beispiel? Der was? Na schön, fällt Ihnen außer Post, Energieversorgung, Bahn und öffentlichem Nahverkehr irgend etwas ein, das jetzt teurer ist als zuvor? Die Müllabfuhr? Meinetwegen, also fällt Ihnen außer Post, Energieversorgung, Bahn, öffentlichem Nahverkehr und Müllabfuhr irgend etwas ein, das seit der Privatisierung teurer geworden ist? Sehen Sie! Und bei der Müllabfuhr sehen die Tonnen jetzt wenigstens schöner aus als früher. Wie? Ihnen haben die alten Tonnen besser gefallen? Außerdem konnte man damals noch problemlos heiße Asche einfüllen? Ihnen kann man wohl gar nichts recht machen?! Aber zurück zum Telefon. Zugegeben, die Grundgebühr ist nicht gerade gesunken. Und die Gebühren an den öffentlichen Telefonzellen vielleicht auch nicht so sehr. Aber denken Sie an die Gesprächsgebühren zu Hause! Daran kann man sehen, welche enormen Vorteile freier Wettbewerb mit sich bringt! Das liegt natürlich nicht zuletzt an der vorbildlichen Senkung der Arbeitskosten in den zuvor staatlichen Unternehmen. Dank effektiv deutlich niedriger Löhne können diese Unternehmen jetzt viel wirtschaftlicher arbeiten. Und das liegt doch auch in Ihrem Interesse!

Aber im Ernst: Wie lange dauert es im Normalfall, bis die vorerst gesparten öffentlichen Gelder plus die Privatisierungserlöse überholt werden von neu entstehenden Ausgaben? Hat schon mal jemand nachgerechnet, nach wieviel Jahren es für den Steuerzahler spätestens teurer wird, wenn der gesamte Staatsapparat inklusive aller Ämter und öffentlichen Einrichtungen auf einmal Telefongebühren, Druckkosten und (steigende) Portokosten an private Unternehmen zahlen und überdies die Unterhaltkosten für die wegrationalisierten Mitarbeiter tragen muss? Hat schon mal jemand statistisch ermittelt, nach welcher Zeit der neue Besitzer aufgrund seiner Gewinnvorstellungen die Preise im Durchschnitt über das Ausgangsniveau hinaus erhöht? Und was ist mit dem Gerechtigkeitsaspekt? Ist es dem Volk gegenüber fair, wenn die gewählte Obrigkeit öffentliche Infrastrukturen vergleichsweise spottbillig veräußert, die einst mit der Arbeitsleistung seiner Bürger und Steuermitteln in Milliardenhöhe erwirtschaftet wurden?

Schön wäre es, wenn dies schon alle Probleme wären, die eine Privatisierung von Staatsunternehmen aufwirft. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Der weitaus größere Teil treibt wie immer unsichtbar unter der Oberfläche.

Mehr dazu im nächsten Beitrag...

Autor: Root   
Thema:  Politik
Veröffentlicht: 08.02.2007, 21:17 Uhr

Dienstag, 6. Februar 2007

Vorsicht Innenminister!

Innenminister sind eine seltsame Spezies. Sie versuchen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen, indem sie unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung demontieren. Das klingt zunächst lustig schildbürgerlich. Und wahrscheinlich schwelgen die Minister des Inneren schon immer nachtnächtlich in süßen Träumen von der Total­überwachung. Aber seit dem 11. September 2001 hat sich etwas Wesentliches verändert: Nach Jahrzehnten weitgehend geheim gehaltener amerikanischer Interventionspolitik haben die Terror­anschläge den USA einen brillanten Vorwand geliefert, ihre stets katastrophal missratene Außenpolitik nun öffentlich fortzusetzen, ja drastisch zu verschlimmern. Mit der verlogenen Phrase vom "Kampf gegen den Terror" rechtfertigt die Regierung Bush/Cheney nun jeden der perfiden Schachzüge auf dem internationalen Spielbrett. Unsere europäischen Regierungen - allen voran die arroganten Briten - plappern das hohle Geschwätz natürlich einfach nach - in der Hoffnung, ein Stück vom großen Ölkuchen abzubekommen. Als wäre dies alles nicht schon schlimm genug, kommen nun die hysterischen Innenminister im Kielwasser der Demagogen und Militaristen daher gefahren und überzeugen uns, dass die folgenschweren Einschnitte in unsere Persön­lichkeits­rechte nur unserer eigenen Sicherheit dienten.


© unbekannt :: New York, 11.09.2001

Und was tun wir? Wir nehmen unsere Innenminister ernst. Und wie immer, wenn man Schildbürger ernst nimmt, wird auch ihre Lachnummer zum bitteren Ernst. Ja, wir glauben unseren Schilys, Becksteins und Schäubles - aus einer tiefsitzenden Angst heraus, die die sensations­heischenden Medienkonzerne in uns geschürt haben - mit ihrem gebetsmühlenartig wiederholten Geplapper von den ungeahnten Gefahren des islamistischen Terrors. Und wer noch immer ungläubig ist, der fühlt sich trotz aller Vorstöße in Richtung Überwachungsstaat à la "1984" ebenso sicher, wie Herr al-Masri vor seiner irrtümlichen Entführung und Folterung. Oder wie der Brasilianer Jean Charles de Menezes, der in Großbritannien von Polizisten im Anti-Terror-Fieber fälschlicher Weise erschossen wurde. Solche kleinen Verwechslungen gab es übrigens in England auch schon früher. Es sei nur an die "Guildford Four" erinnert.

Kann schon mal passieren. Aber mir doch nicht. Biometrische Daten im Ausweis? Keine Gefahr. Von weitem auslesbare Pässe? Diese Technik wird bestimmt niemand knacken. Großräumige Video­überwachung in den Innenstädten? Ich habe nichts zu verbergen. Automatische Nummernschildscans? Die werden schon richtig funktionieren und nicht versehentlich mich aus dem Verkehr ziehen. Speicherung von Telefon­verbindungen, Internet-IPs und E-Mails? Ich mache doch nichts Verbotenes. Handyortung nach Belieben? Worin besteht das Risiko? Wanzen in der Wohnung und abgehörte Telefonate? Das sind wir doch schon aus DDR-Zeiten gewohnt. Überprüfung meiner Konten? Was soll's. Polizeiliche Trojaner, die die Festplatte ausspionieren und heimlich die Webcam aktivieren? Isch 'abe gar keine Webcam. Große vernetzte Datenbanken über die Bevölkerung? Die werden schon nicht von den falschen Leuten gehackt.

Der Meister des politischen Kabaretts, Volker Pispers, kommentierte 2004 die Kampagne für biometrische Daten im Personal­ausweis folgendermaßen:

"Der Otto Schily hat gesagt: Der Beckstein hat Recht. Und wir sollen uns nicht anstellen mit dem Daten­schutz. Die Spanier hätten den Finger­abdruck seit über 30 Jahren im Personal­ausweis - und das stimmt, das hat der General Franco noch eingeführt. Schilys großes Vorbild. Ist in Spanien blöd gelaufen. Hat ein Diktator eingeführt, ist der Demokratie in die Hände gefallen. Schily macht das lieber umgekehrt. Und sobald wir den Finger­abdruck im Personal­ausweis haben, dann sind wir sicher, nicht? Ich wette mit Ihnen, dann haben wir genau so wenig Terror­anschläge wie die armen Spanier."

Der Dresdner Informatik­professor Andreas Pfitzmann brachte es auf den Punkt: "Die Terroristen haben versucht, unsere Gesellschaft zu erschüttern. Die Innenminister haben es geschafft." Unterdessen sitzen die Terroristen vor dem Fernseher und lachen sich ins Fäustchen. Beweist ihnen doch jede Initiative unserer wild­gewordenen Innenminister, wie leicht die westliche Welt aus den Angeln zu heben ist. Mit jedem Anschlag steigt ihre Gewissheit über die großartigen Erfolgs­aussichten des Terrors. Und zur Vorbeugung vor weiteren Terrorakten muss wiederum jeder Deutsche zunächst wie ein Verdächtiger behandelt werden. Oder können Sie sich etwa sicher sein, dass in Ihnen nicht auch irgendwo ein kleiner Terrorist schlummert? Mit den Anschlägen vom 11. September hat sich das deutsche Volk eben leider das Vertrauen der Regierung verscherzt. Bertolt Brecht dreht sich derweil im Grab um und raunt noch einmal: "Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?"

Benjamin Franklin, einer der Gründungs­väter der USA, hat seinerzeit behauptet: "Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird beides verlieren." In diesem Sinne gute Nacht!

Autor: Root   
Thema:  Politik, Recht
Veröffentlicht: 06.02.2007, 01:09 Uhr

Sonntag, 4. Februar 2007

Lobbyismus in Brüssel

Das Europäische Parlament mit derzeit 785 demokratisch gewählten Abgeordneten hat in der EU an den entscheidenden Stellen kaum etwas zu melden. Man sagt, es gäbe gerade deshalb so viele unwichtige bis völlig sinnfreie EU-Gesetze, weil die Parlamentarier nichts Wichtiges zu tun hätten. Denn die wichtigen Entscheidungen trifft normalerweise der Rat der Europäischen Union, oft einfach "Ministerrat" genannt, weil er sich aus Ministern der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten zusammen setzt. Sie beraten gewöhnlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Und die Sitzungsprotokolle bleiben geheim. Für die Umsetzung der getroffenen Beschlüsse ist dann übrigens die EU-Kommission zuständig.


© Ben2 :: Sitz des Ministerrats

Diese Minister sind also gleichzeitig Regierungsmitglieder der einzelnen Länder und Mitglieder des Rats der Europäischen Union. Sie werden dementsprechend nicht demokratisch gewählt (ebensowenig wie die EU-Kommissare), sondern von den jeweiligen Regierungschefs bestimmt. Schlimmer ist allerdings noch, dass sie aufgrund ihres Doppelamtes nicht besonders viel Zeit haben, sich über die anstehenden Entscheidungen gründlich zu informieren. Zudem werden je nach Thema unterschiedliche Fachminister zu den Sitzungen entsandt. Deshalb nehmen die Europaminister gern Beratung in Anspruch und sind entsprechend in ihrer Meinung relativ leicht zu beeinflussen. Wahrscheinlich noch leichter als die EU-Parlamentarier.

Die wichtige Frage lautet: Wer sind die Berater? Für gewöhnlich die geschätzten 15.000 Lobbyisten und 2600 Interessenverbände, die sich in Brüssel aufhalten. Also Interessenvertreter der Wirtschaft. Auf jeden einzelnen der derzeit 335 Stimmberechtigten im Ministerrat kommen demnach reichlich 44 Berater der Industrie und der Banken. Beruhigend, dass die EU-Machthaber so gut beraten werden! Zu dumm nur, dass sich die Minister in den meisten Fällen nicht einmal im Klaren darüber sind, wessen Interessen die uneigennützigen Helfer überhaupt vertreten. Deshalb soll jetzt eine Datenbank her, in der dann steht, von wem die selbsternannten Berater denn jeweils bezahlt werden. Und die sind bestimmt alle ganz ehrlich. Drum wird demnächst dann auch ein sprunghafter Anstieg an streng anonymen Spendengeldern, ehrenamtlichen Mercedesfahrern und gemeinnützigen Briefkastenorganisationen in der EU zu verzeichnen sein.

Autor: Root   
Thema:  Politik
Veröffentlicht: 04.02.2007, 12:02 Uhr

Donnerstag, 1. Februar 2007

Neue Perspektiven für Zahnärzte

Ich habe heute nach der Wurzelbehandlung mit meinem Zahnarzt über seine beruflichen Perspektiven gesprochen. Gestern hat die Staatsanwaltschaft München gegen 13 mutmaßliche CIA-Agenten Haftbefehle wegen Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperver­letzung im Fall al-Masri erlassen. Der US-amerikanische Radiosender NPR berichtete in diesem Zusammenhang, dass viele amerikanische Mitarbeiter der CIA so eingeschüchtert von den europäischen Haftbefehlen seien, dass sie in Zukunft womöglich nicht mehr an derartigen Einsätzen teilnehmen möchten. Deshalb braucht die CIA jetzt natürlich neue Leute zur Durchführung von Folterungen, die sie sicher am liebsten direkt in Europa anwerben wird. Ich habe meinem Zahnarzt empfohlen, Augen und Ohren offen zu halten.

Autor: Root   
Veröffentlicht: 01.02.2007, 17:25 Uhr

Januar | Februar 2007 | März