Mittwoch, 10. März 2010
Der Reiz des Unterschieds
Seit vielen Jahrzehnten wird von modernen Politikern und zeitgeistkonformen Medien die gesellschaftliche Gleichberechtigung von Mann und Frau als fair und anstrebenswert beworben. Aus der einst dringend notwendigen Kopfwäsche der Vertreter eines rücksichtslosen Patriarchats ist eine standardmäßige Gehirnwäsche der gesamten Bevölkerung geworden. Längst geht es dabei nicht mehr um die juristische Gleichstellung oder um geschlechtsunabhängige Wertschätzung. Es geht um soziale Rollen. Und wer sich hier gegen eine komplette Angleichung der Geschlechter ausspricht, der kann nur ein chauvinistischer Pascha oder ein untergebuttertes Heimchen sein. Aber wie so oft beruht auch diese absolute Selbstverständlichkeit in unserem Kopf auf einem Denkfehler.
Ein kleiner Ausflug in die Geschichte des Begriffes "Gerechtigkeit" offenbart recht schnell die Grundproblematik. Eigentlich handelt es sich bei der Forderung nach gleichen gesellschaftlichen Rechten und Pflichten für Mann und Frau um eine Form der egalitären Verteilungsgerechtigkeit, also dem Prinzip "jedem das Gleiche". Nun weiß man seit langem, dass eine solche Verteilungsgerechtigkeit nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Etabliert hat sich ein eher bedürfnisorientiertes Verständnis von Gerechtigkeit, also der Gedanke, dass jeder das erhalten sollte, was er benötigt. Die gesamte Struktur unseres Sozialstaates basiert auf diesem Ansatz. Vor jenem Hintergrund greift eine bloße Gleichstellung folglich zu kurz. Die angestrebte Gleichberechtigung führt zwangsläufig zu Ungerechtigkeit, es sei denn, Frauen und Männer wären gleich.
© Stephanie Hofschlaeger / Pixelio
Genau hier springen die unreflektierten Befürworter der Gleichberechtigung herbei und behaupten in aufrichtiger Einfalt: "Natürlich sind alle Menschen von Geburt an gleich". Und während spätere Unterschiede in den Bedürfnissen zwischen einem Inuit und einem gemeinen deutschen Ureinwohner noch hinnehmbar sind, seien Ungleichheiten zwischen Männlein und Weiblein vollkommen inakzeptabel und ein widernatürliches Werk geschlechterspezifischer Erziehung (vgl. Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht). Für diese These muss man jedoch nicht nur augenfällige Unterschiede in Gestalt, Biologie, Gebärfähigkeit und Stillvermögen ausblenden, sondern auch noch eine Reihe kulturunabhängiger psychologischer Unterschiede leugnen, die unter Fachwissenschaftlern heute unstrittig sind. Ebenso selbstverständlich, wie derartige Unterschiede in der Wehrpflicht und bei der Kinderzuweisung im Scheidungsfall Berücksichtigung finden, genauso selbstverständlich existieren sie in der Debatte um die Gleichberechtigung der Geschlechter plötzlich nicht mehr. Unbeeindruckt von der Realität engagieren sich überzeugte Feministen und Vertreter der Gender-Mainstreaming-Ideologie deshalb für gesellschaftliche Umerziehungsprogramme, um die vermeintlich rein traditionell bedingte Unterschiedlichkeit zusammen mit klassischen Rollenbildern zu beseitigen.
Aber ist die Gleichmachung der Geschlechter eigentlich wünschenswert? Ist eine Welt schöner, in der die Erotik zwischen Mann und Frau darunter leidet, dass die sprichwörtlich anziehenden Unterschiede minimiert wurden? Sind Familien ohne traditionelle Rollenverteilung tatsächlich die glücklicheren? Wird die zunehmende Gleichschaltung der Geschlechter den individuellen Bedürfnissen und natürlichen Wünschen von Frau und Mann wirklich gerecht? Und sollten wir als neue Form des Naturschutzes zukünftig auch gegen die Ungleichheit der Geschlechter im Tierreich vorgehen?
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