Mittwoch, 23. Dezember 2009

Die Finanzkrise Ende 2009 - Zwischenbericht

Ist die Krise einigermaßen ausgestanden? Oder steht uns das Schlimmste noch bevor? Die Unsicherheit ist groß. Auch unter wirklichen Experten. Von den als Experten bezeichneten Medien­hampel­männern ganz zu schweigen. Mir bietet sich momentan folgendes Bild: Die Kette der Bankenpleiten reißt nicht ab, wenn es auch kein zweites Kreditinstitut mit solchen Tentakeln wie Lehmann erwischt hat. Wohl nicht zuletzt, weil weitere verheerende Pleiten diesen Kalibers mit Hilfe der Steuer­einnahmen der nächsten Jahr­zehnte abgebogen wurden. Doch die Bilanzen sind selbst nach sehr optimistischen Schätzungen maximal zur Hälfte um die Schrott­papiere bereinigt. Mindestens die Hälfte lauert also noch hinter der staatlich sanktionierten Bilanzfälschung. Die Dubaikrise zeigt ein­drücklich, dass jederzeit weitere Blasen platzen können. In Europa versuchen sich derzeit Länder wie Island, Bulgarien, Lettland und das zur Euro-Zone gehörende Griechenland am Staatsbankrott vorbei zu hangeln. Mit Spanien, Portugal, Irland und Italien sind ihnen weitere Euro-Staaten auf den Fersen. Das könnte für einen Domino-Effekt sorgen.

Die Wirtschaft hat sich nivelliert. Die einen reden von einer leichten Erholung, die anderen betrachten es als einen Ausgleich zur vorherigen Überreaktion auf die plötzlichen Nachfrage­einbrüche. In jedem Fall muss mit einer steigenden Inflation gerechnet werden. Für den Euro erwarten viele auf längere Sicht eine Inflationsrate um die 5%. Doch seitdem in Deutschland 14 nigel­nagelneue Bank­noten­maschinen be­stellt wur­den, mehren sich wieder die Gerüchte um eine drohende Hyper­inflation. Und dank der enormen Nachfrage nach Edel­metallen zur Vermögens­sicherung sollen mittlerweile sogar schon getürkte Goldbarren mit Wolfram­kern in Umlauf sein.

Die kurzfristigen Prognosen driften auseinander. Die Optimisten deuten die momentan ruhige Lage als Talsohle der Krise. Die Pessimisten erwähnen Tsunami-Effekte: Zuerst ein fernes Beben (Bankencrash 2008), im Anschluss zieht sich das Meer zurück (scheinbare Erholung). Und dann bricht die Flut los. Die mittel­fristigen Prognosen bestehen folgerichtig entweder in einer längeren "Stagflation" oder einer Wirtschaftskrise, die sich gewaschen hat (Pardon für dieses etwas makabere Wortspiel). Die ernst­zunehmenden Langzeit­prognosen zeichnen geschlossen das Bild von einem unum­gänglichen Wandel. Warum? Ich will es einmal mit den ironischen Worten eines Volker Pispers formulieren:

"Wie bekämpft man eine Krise, die durch das Platzen einer riesigen Schuldenblase entstanden ist? Indem man neue Schulden macht, oder?"

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Autor: Root   
Thema:  Krise, Wirtschaft
Veröffentlicht: 23.12.2009, 09:21 Uhr

Freitag, 17. April 2009

Vorsorge: Einleitung

Krisenvorsorge ja, aber wie? Auf diese Frage sollen die nächsten Artikel des Weblogs konkrete Antworten geben. Dabei wird das Hauptaugenmerk auf Möglichkeiten liegen, sich mit geringem Aufwand an Material, Zeit und Geld effektiv für den Notfall zu wappnen.


© Karin Schumann / Pixelio :: Dosen

Die Empfehlungen taugen selbstverständlich nicht nur für die Vorbereitung auf Engpässe im Rahmen einer Wirtschaftskrise. Auch bei Natur­katastrophen kann ein Notvorrat Leben retten. Und selbst nach einem Chemie- oder Atomunfall ist jeder froh, der eine Weile nicht außer Haus muss. Die meisten praktischen Tipps zur Rüstung für eine Krise sind übrigens generell nützlich. Im Ernstfall gewinnen sie allerdings immens an Bedeutung.

In folgende Bereiche lässt sich eine sinnvolle Vorbereitung gliedern (alphabetisch):

  • Ausrüstung (Schlafsack, Kocher, Radio, Taschenlampe etc.)
  • Brennstoff (Holz, Kohle, Benzin etc.)
  • Finanzen (Bargeld, Rücklagen, Investitionen)
  • Hygieneartikel (Seife, Toilettenpapier etc.)
  • Informationen (Bücher, Broschüren)
  • Kleidung (Regenjacke, Fleece-Pullover etc.)
  • Medizin (Medikamente, Verbandsmaterial)
  • Nahrung (Konserven, Getränke, Pflanzensamen)
  • Persönliche Vorbereitung (Zahnarzt, Gesundheitscheck etc.)
  • Sicherheit (Türsicherung, Brandschutz, Pfefferspray etc.)

Gebündelt werden alle hier zusammen getragenen Informationen in der Blog-Kategorie Vorsorge.

Autor: Root   
Thema:  Krise, Vorsorge
Veröffentlicht: 17.04.2009, 23:56 Uhr

Wie kommt es eigentlich, dass man von unseren Politikern nichts Sinnvolles zum Thema Krise hört, obwohl sie sich doch sonst immer so gerne als Orakel betätigen? Hat es ihnen die Sprache verschlagen? Haben sie angesichts des von ihnen verursachten Schadens ein schlechtes Gewissen, weil sie - egal ob rechts oder links - über 30 Jahre hinweg jene Finanz- und Wirtschaftspolitik vorangetrieben haben, die von den ursprünglichen Neoliberalen wie Erhardt mit Sicherheit nicht als Freiheit, sondern als Anarchie bezeichnet worden wäre (vgl. Die Welt, Tagesspiegel)? Ist es die Angst, als erster den Mund aufzumachen und dafür zum Prügel­knaben zu werden? Befürchten sie, die Warnung der Bevöl­kerung vor den akuten Gefahren könnte ihnen im Superwahljahr 2009 als politischer Offenbarungseid der Unfähigkeit und Ohnmacht ausge­legt werden? Versuchen sie zuerst einmal in Ruhe, die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen? Wollen sie eine Panik vermei­den, im Zuge der die Menschen schleunigst ihr Geld aus Banken, Fonds, Versiche­rungen und Aktien herausziehen und damit dem durchrosteten Fass den Boden auskratzen könnten? Oder vernach­lässigen sie ihre Aufklärungs­pflicht aus Feigheit, weil die Reaktion der Bevölkerung nicht vorhersehbar ist? Letzteres wäre plausibel, da tatsächlich niemand wissen kann, wie das Volk mit der Wahrheit umgehen würde. Dazu hatte es ja schließlich in den letzten Jahr­zehnten keine Gelegenheit.

Autor: Root   
Thema:  Krise, Politik, Wirtschaft
Veröffentlicht: 13.04.2009, 19:49 Uhr

Samstag, 11. April 2009

Finanzkrise III: Krisenszenarien

"Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betref­fen." Dieser ironische Satz wird meist Mark Twain zugeschrieben und trifft natürlich auch in unserem Fall ins Schwarze. Dass die Krise sich deutlich ausweiten wird, kann anhand der Faktenlage als sicher gelten. Bis wann sich die Situation verschärft und wie die genauen Konsequenzen für die Bevölkerung aussehen werden, ist dagegen eher ungewiss.

Wer nun meint, die Beschäftigung mit konkreten Krisenszenarien und die persönliche Vorbereitung darauf seien deshalb übertrieben oder gar paranoide Panikmache, der verkennt die Realität und ist selbst Opfer jenes allgemeinen Leichtsinns und der kultivierten Sorglosigkeit geworden, die von Arbeits- und Katastrophen­schutz­behörden so oft beklagt werden. Nur deshalb, weil ich seit 10 Jahren schadlos Auto fahre ohne mich anzuschnallen, kann ich daraus nicht schließen, dass ein Sicherheitsgurt Unsinn ist und die Erneuerung des Erste-Hilfe-Kastens Ausdruck von Unfall-Hysterie. Selbst das aktuelle Finanzdebakel war schon lange im Voraus absehbar (vgl. Handelsblatt.com und Tagesspiegel.de) und hätte verhütet werden können, wären die Politiker und Banker nicht mit psycho­ti­schem Optimismus vernagelt gewesen. Aber auch die gegensätzliche Reaktion, nämlich das vielrezitierte Mantra der Einfallslosen: "Da kann man doch sowieso nichts machen." ist unverantwortlich, lähmt die Kreativität, macht depressiv und fällt daher beim Vernunftstest durch.


© Supertramp :: Crisis? What Crisis?

Wenn es um die Vorbereitung geht, lautet die zunächst wichtigste Frage natürlich: Welche Szenarien sind realistisch? Da uns der Blick in die Zukunft gewöhnlich verwehrt bleibt, ist unsere bedeutendste Informationsquelle die Vergangenheit. Folgende Szenarien traten im Zusammenhang mit historischen Wirtschaftskrisen auf und sind auch im Laufe der kommenden Krise denkbar:

Bargeldengpässe

Sollte das Bankensystem insgesamt kollabieren, werden in der Konsequenz vermutlich die meisten Banken schließen, das Netz der Geldautomaten ausfallen. Besonders rasch tritt dieser Effekt bei einem Bankenansturm (vgl. Alles Schall und Rauch) ein. So nennt man die panikartigen Versuche größerer Gruppen von Bankkunden, gleichzeitig Geld vom eigenen Konto abzuheben. Den Banken gehen dann schnell die Bargeldvorräte aus. Folge: Die Automaten sind leer, die Schalter schließen. Die mit Geheimzahl arbeitenden EC-Abrech­nungssysteme der Geschäfte streiken und auch das Wechselgeld in den Kassen geht zur Neige. Die Läden und Tankstellen werden dann innerhalb kurzer Zeit ebenfalls geschlossen. Im Herbst 2008 konnte eine solche Situation übrigens nur mit viel Glück abgewendet werden (vgl. Alles Schall und Rauch, Tagesschau.de).

Unterhaltsengpässe

Größere Pleitewellen äußern sich oft darin, dass Löhne und Gehälter zuerst verzögert, später gar nicht mehr gezahlt werden. Im Falle eines Staatsbankrotts betrifft das selbst Beamtengehälter, Renten und Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Hartz IV oder Sozialhilfe. Auch die private Zahlungsmoral lässt dann verständlicher Weise dramatisch nach und Handwerker­rechnungen etc. werden einfach nicht mehr beglichen. Neben Problemen der Grund­versorgung entstehen oft auch Schwierigkeiten wegen säumiger Mieten, besonders dann, wenn die Bevölkerungsmehrheit noch über finanzielle Mittel verfügt und sich der Vermieter von einem Rausschmiss neue, zahlungsfähige Mieter verspricht.

Streiks, Generalstreiks

Wenn Unternehmen zahlungsunfähig werden und die Löhne aus­bleiben, kommt es schnell zu Arbeitsniederlegungen und Streiks. Betrifft das die Automobilindustrie, ist das leicht zu verschmerzen. Passiert das in Großbäckereien oder Molkereien, sieht die Sache schon anders aus. Und Streiks im Transportsektor legen schnell alles andere lahm, nicht zuletzt die auf ständige Lieferungen ange­wiesenen Supermärkte.

Versorgungsengpässe

Nicht selten treten zeitweilig Schwierigkeiten bei der Grund­versorgung der Bevölkerung auf: Die Lebensmittel gehen aus, vor allem im Sommer und bei Strom- oder Treibstoffknappheit kann sauberes Trinkwasser Mangelware werden, im Winter Heizmaterial. Etliche Medikamente sind nicht mehr erhältlich. Besonders unser Supermarktsystem ist sensibel und anfällig, da die Lager klein und die Nahrungsmittelvorräte aus Frischhaltegründen gering sind. Ohne kontinuierliche Belieferung sind die Regale meist schon binnen Stunden leer. Solche Engpässe sind u.a. vom Grad der Privatisierung abhängig und können sich auch über einige Wochen erstrecken, bis ein staatliches Ersatzsystem aufgebaut und z.B. Lebensmittelkarten ausgeteilt sind.

Stromausfälle

Hiervon wären Zimmer- und Straßenbeleuchtung, U-Bahnen, Straßenbahnen, Fahrstühle, automatisch schließende Türen, Parkhaus­zufahrten, Schranken, Ampeln, Zapfsäulen, Bankauto­maten, Supermarkt­kassen, Heizungen (auch die meisten Öl- und Gasheizungen), Kühl- und Gefrierschränke, Mikrowellen­herde, Elektroherde, teilweise auch Gasherde, Wasserkocher, Warm­wasserspeicher, Waschmaschinen, Wäsche­trockner, Rundfunkge­räte, Computer, Telefonnetz (auch Mobilfunk), Internet, Akku­ladegeräte und vieles andere betroffen. Länger anhaltende Stromausfälle in Verbindung mit Treibstoff­knappheit können auch die Versorgung mit (sauberem) Leitungswasser und Gas zusammen brechen lassen, da die im Krisenfall eingesetzten Notstrom­aggregate meist mit Diesel­generatoren betrieben werden. Neben unregel­mäßigen Stromausfällen, die durchaus auch tagelang anhalten können, wurden als geregelte Sparmaßnahme auch schon stromlose Tageszeiten eingeführt. Zusätzliche Risiken ergeben sich daraus, dass die ungewohnte Dunkelheit auf Straßen und Plätzen und in Häusern und Parks zu Einbrüchen, Plünderungen und Überfällen verleiten kann.

Inflation

Häufig setzt nach staatlichen Großinvestitionen und hemmungsloser Gelddruckerei gegen Ende einer Finanzkrise eine sogenannte Hyperinflation ein: Das Geld verliert in immer höherem Tempo an Wert und die Preise wachsen ins Uferlose. Das kann sogar gewollt sein, beispielsweise um mit einem Wertverfall des Geldes gleich­zeitig auch die immensen Staats- und Wirtschafts­schulden "wegzu­inflationieren". Leidtragende einer solchen Entwicklung sind jedoch nicht nur die Sparer mit gut gefüllten Bankkonten. Auch Empfänger einer privaten Rente bekommen von der Bank bzw. Versicherung normalerweise stur den gleichen Betrag ausgezahlt wie bisher. Nur dass sie davon jetzt nicht mehr leben können. Händler erhalten für das eingenommene Geld noch nicht einmal neue Waren und müssen die Läden schließen. Und auch die Regelsätze für Sozialleistungen und staatliche Renten werden meist viel zu langsam angepasst, sodass Arbeitslose, Sozialhilfe­empfänger und Ruheständler schnell in Existenznöte geraten. Für viele ist deshalb der finale Kollaps der Währung eine Erlösung. Denn ist eine Währung endgültig zugrunde gerichtet, wird sie "einfach" durch eine neue ersetzt. Im Zuge dessen ist es allerdings auch schon vorgekommen, dass zur Stützung der neuen Währung als erstes die Goldvorräte der Bevölkerung konfisziert wurden.

Unruhen, Plünderungen

Werden Geld und Nahrung knapp oder offenbaren sich Korruption und Gleichgültigkeit der Politiker als Krisenauslöser, kommt es häu­fig zu gewalttätigen Demonstrationen, Plünderungen von Ge­schäften und Supermärkten, Übergriffen auf Banken und staatliche Einrich­tungen, randalierenden Ausschreitungen und Straßen­schlachten mit Polizei oder (im Zuge von Amtshilfe hinzugezogener) Armee. Das kann sich ausweiten bis hin zu tatsächlich bürgerkriegs­ähnlichen Zuständen mit Ausgangs­sperren, meist allerdings beschränkt auf die Zentren größerer Städte. Darunter leiden aber oft auch weiträumig Infra­struktur und Grundversorgung. Für Großbritannien rechnet der dortige Geheimdienst MI5 mit Bevölkerungs­unruhen ab Sommer diesen Jahres (vgl. MMnews.de). Und auch hierzulande könnte es ab Herbst 2009 ungemütlicher werden (vgl. Sueddeutsche.de).

Brände

Im Zuge von Wirtschaftskrisen steigt auch die Brandgefahr. Dafür sind einerseits Stromausfälle verantwortlich. Schnell geraten unvernünftige Gokeleien zum Zweck der Beleuchtung oder Beheizung außer Kontrolle. Und auch die unsachgemäße Lagerung von Brennstoff-Vorräten, z.B. auf dem Dachboden, kann verheerende Brände auslösen. Andererseits gehören Brand­stiftungen zum üblichen Repertoire aufgebrachter Demonstrations­züge, Plünderer­banden und einzelner Verzweiflungs­täter. Bei gleichzeitigem Stromausfall wird auch die Alarmierung der Feuerwehr zur ungeahn­ten Herausforderung.

Verhaltenstipps:

  • Keine Panik! In jeder Situation Ruhe bewahren und besonnen handeln!
  • Nicht resignieren! Jedes Problem ist lösbar! Mit anderen Worten: Man kann fast immer etwas tun!
  • Jetzt vorsorgen: Nahrungsmittel, Medikamente (vor allem regelmäßig benötigte), Hygieneartikel, Bar­geld etc. für wenigstens 4 Wochen beschaffen!
  • Nachbarschaftliche Kontakte knüpfen/intensi­vieren! Du wirst womöglich auf andere Menschen angewie­sen sein! Viele Probleme sind nur gemeinsam lösbar.
  • Im Krisenfall: Keine Gewalt! Gewalt verschlimmert nur die Situation und erschwert einen Neu­anfang nach der Krise.

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Autor: Root   
Thema:  Krise, Wirtschaft
Veröffentlicht: 11.04.2009, 23:39 Uhr

Freitag, 10. April 2009

Finanzkrise II: Die Show beginnt

Bankenpleiten, Absatzprobleme, Kurzarbeit, Entlassungen, Firmen­insolvenzen, Steuer­einbrüche und neue Staats­schulden ungekannter Dimension. Das alles haben wir schon. Doch im bisherigen Umfang sind das vermutlich nur die Vorbeben. Die eigentliche Krise kommt erst noch. Die Talsohle werden wir wohl kaum vor 2010 erreichen. Profis mit Hintergrund­wissen - wie dem letztjährigen Wirt­schafts­nobelpreis­träger Paul Krugman - ist mulmig zumute. Warum? Im Folgenden eine Auswahl an Daten und Fakten.


 © Gerd Altmann / Pixelio

Ausstehende Abschreibungen

Rund 1 Billion Dollar an faulen Privatimmobilien-Krediten haben die Banken bislang im Rahmen der sogenannten Subprime-Krise in ihren Bilanzen berücksichtigt, das heißt vom Eigenkapital abgeschrieben. Bereits diese Summe hat also ausgereicht, um die derzeitige Wirkung zu entfalten. Nach aktuellen Schätzungen des IWF müssen aber wohl insgesamt 4 Billionen Dollar vom Eigenkapital abgezogen werden. Und selbst diese Zahl wird im Laufe des Jahres sicherlich noch deutlich nach oben korrigiert. Bekannt ist beispielsweise, dass europäische Banken noch im Oktober 2008 Kredite im Rahmen von etwa 1,2 Billionen Euro nach Osteuropa und an die Türkei vergeben haben, von denen wohl kaum etwas zurück kommen wird. Außerdem werden auch die Zahlen des 6-Billionen-Dollar-Marktes für Gewerbe­immobilien-Kredite langsam bedenklich. An weitere Kreditblasen mag noch gar niemand denken. Denn das große Problem besteht darin, dass schon jetzt die abzuschreibenden Summen das übrige Eigenkapital des weltweiten Bankensystems erheblich überschreiten. Und ewig lassen sich Bilanzkorrekturen einfach nicht verschleppen. Unser gesamtes Finanzsystem ist also bankrott.

Zinsexplosion

Der Wirtschaftswissenschaftler und Finanzjournalist Alexander Czerny schreibt in seinem Artikel "Die wahren Ursachen der Finanz­krise", dass sich die Geldvermögen in den USA im Zuge des exponentiellen Zinswachstums aller 7 bis 11 Jahre verdoppeln. Das zeitliche Intervall, in dem die nächste Billion Dollar generiert wird, verkürzt sich dabei immer mehr:

"Nachdem die erste Billion 1977 nach einigen hundert Jahren Wachstum erreicht war, schaffte es die zweite Billion bereits 1984, nach nur 7 Jahren. Nach weiteren sechseinhalb Jahren waren dann 3 Billionen erreicht, nach weiteren sechs Jahren 4 Billionen (1997). Jede weitere Billion wächst in immer kürzeren Zeiträumen:

  • 5 Billionen nach nur 2 Jahren und 11 Monaten,
  • 6 Billionen nach nur 2 Jahren und 8 Monaten,
  • 7 Billionen nach nur 1 Jahr und 10 Monaten,
  • 8 Billionen nach nur 1 Jahr und 8 Monaten,
  • 9 Billionen nach nur 1 Jahr und 4 Monaten,
  • 10 Billionen nach nur 1 Jahr und 3 Monaten
  • 11 Billionen nach nur 4 Monaten (Dezember 2008)!!"

Führt man jene Rechnung spaßeshalber weiter, schrumpft der Abstand zur nächsten Billion voraussichtlich an einem Tag Mitte Mai erstmals auf Stunden, dann auf Minuten und schließlich auf Sekunden. Dass spätestens hier das reguläre, zins­basierte Geld­wachstum seine Grenzen hat, liegt auf der Hand.

Weitere Blasen

Bekanntlich ist 2007 die Blase der privaten Immobilienkredite geplatzt. Und weitere Kreditblasen, wie die vergleichsweise harmlose US-amerikanische Kreditkartenblase oder die oben schon erwähnte, kritische Blase der gewerblichen Immobilien­kredite stehen noch aus. Es gibt jedoch nicht nur Kreditblasen. Erwähnt sei hier die riesige, nicht zuletzt von den berüchtigten Hedgefonds erzeugte Derivatblase. Derivate - von Warren Buffet als "finanzielle Massen­vernichtungs­waffen" bezeichnet - sind spekulative Verträge mit Banken, die von ihrer Art her stark an Wetten erinnern. Besonders stechen im Augenblick die Credit Default Swaps (CDS) hervor. Diese Kredit-Derivate funktio­nieren etwa so:

Akteur A nimmt einen Kredit bei der Bank XY auf. Akteur B spekuliert darauf, dass Akteur A diesen Kredit nicht zurück zahlen wird. Deshalb schließt er mit der Bank XY einen CDS-Vertrag ab. Darin verpflichtet er sich, jährlich - sagen wir - 1 Prozent der Kreditsumme an die Bank zu zahlen. Zahlt Akteur A seinen Kredit wider Erwarten doch an die Bank XY zurück, hat die Bank dank des CDS-Vertrages einen zusätzlichen Gewinn erwirtschaftet. Kann Akteur A den Kredit wie gehofft nicht zurück zahlen, erhält Akteur B von der Bank XY einmalig einen Betrag in Höhe der Kreditsumme.

Platzt ein Kredit, blutet die Bank also letztlich doppelt. Was die CDS-Verträge mit einem von der Bundesregierung geschätzten, aktuellen Volumen von 40 Billionen Dollar im Zusammenspiel mit den rasant zunehmenden Kredit­ausfällen bewirken werden, lässt sich bisher kaum beurteilen (vgl. Financial Times). Die Rede ist dabei nur von dieser speziellen Form der Kredit-Derivate. Die Risiken anderer Derivate und Leerverkäufe auszuführen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.

Rückkopplungseffekte

Im Kontext der aktuellen Krise haben mittlerweile vor allem die von Großkonzernen dominierten Wirtschafts­zweige Schlagseite. Der unmittelbare Grund ist überwiegend ein Einbruch der Nachfrage. Die Folge sind Lohnkürzungen und Entlassungen. Wenn die Menschen aber weniger Geld in der Tasche haben, sinkt die Nachfrage nach vielen Produkten noch drastischer. Auf diese Weise setzt ein schwer zu unterbrechender Teufelskreis ein. Vergleichbare Effekte gibt es auch im Kreditwesen und bei den Steuereinnahmen.

Möglicher Dollarcrash

Nicht wenige Experten befürchten einen großen Börsen­krach, der in Kürze etliche Aktien­gesellschaften ruinieren könnte. Dem ließe sich wahrscheinlich mit dem rechtzeitigen Schließen der Börsen Einhalt gebieten. Relativ unabhängig davon wird aber schon seit Jahren in der Finanzwelt vor dem Hintergrund der astro­nomischen Staats­verschuldung der USA und dem notorischen US-Außen­handels­defizit über den wahrscheinlichsten Zeitpunkt eines plötzlichen, massiven Wertverlustes der US-Währung diskutiert. Doch noch nie in der Geschichte des Dollars wurden soviel zusätzliche Staatsschulden aufgenommen, noch nie soviel zusätz­liches (wertloses) Geld gedruckt. Mit anderen Worten: Noch nie war ein Dollarcrash so wahrscheinlich wie derzeit. Und nun beginnt die einstige Vorzeige­währung tatsächlich immer mehr zu wackeln. Ein Crash der Leitwährung wäre vermutlich imstande, ganze Volks­wirtschaften in die Knie zu zwingen. Und bereits Ende letzten Jahres - also noch bevor die Dollarpressen glühten - schrieb die Financial Times Deutschland:

"Die Anleger scheinen also tatsächlich zu glauben, dass der Fed die gewünschte Weginflationierung der Schulden miss­lingt. Und dass die wertlosen neuen Dollar die US-Währung nicht kollabieren lassen werden. Wenn man bedenkt, dass die Nettoersparnis der US-Gesamtwirtschaft schon im dritten Quartal, also noch bevor die Fiskalpolitik richtig losgelegt hat, auf einen annualisierten Wert von minus 249 Mrd. $ gefallen ist, wird einem da schlecht."

Staatsbankrotte

Im Zusammenhang mit der Finanzkrise und den milliardenschweren Konjunktur­programmen, die mit Hilfe monströser Staatsschulden finanziert wurden, taucht ein neues Schreckgespenst auf: Der Staatsbankrott. Zu diesem Thema hier ein sechsminütiger Beitrag des ARD-Magazins Plusminus vom 24. März 2009:

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Autor: Root   
Thema:  Krise, Wirtschaft
Veröffentlicht: 10.04.2009, 15:31 Uhr

Donnerstag, 9. April 2009

Finanzkrise I: Hintergründe

Während die Ermittlungen im Krimi gewöhnlich schon recht bald ans Licht bringen, dass es der Gärtner war, erfährt die breite Öffentlichkeit bei Vorkommnissen in Politik und Wirtschaft selten die Wahrheit. So auch in diesem Fall. Ursache der Krise seien Irrtümer der Ratingagenturen und ein ungünstiges Belohnungs­system, das Bankmanager zu riskanten Investitionen mit hohen Renditen verleitete - eine sogenannte "Moral Hazard". Der Anlass: Eine unglückliche Kettenreaktion. Ein unvorhersehbarer Domino­effekt. Sich gegenseitig behindernde Aufsichtsbehörden. Kollektives Versagen. Man könne hier einfach keine konkreten Schuldigen und keine genauen Ursachen ausmachen. Schuld an der Misere seien alle - und auch wieder niemand. Außerdem sei jede Krise ja auch immer eine Chance. Unglücklicher Weise scheint diese Verschleierungs­taktik tatsächlich aufzugehen. Ja, jede Krise ist auch eine Chance. Fragt sich nur für wen.

Allgemein

Geld ist ein Gegenwert für Arbeit und als solcher ein legalisiertes Tauschmittel, das auch zur Wertaufbewahrung dienen soll. (vgl. Wikipedia) Jeglicher Umgang mit Geld, der nicht den eigentlichen Verwendungszwecken (Tauschen, Taxieren und Aufbewahren) dient, wird einem Finanzsystem - und damit auch einer Volkswirtschaft - auf lange Sicht zwangsläufig schaden. Insbesondere die Vermehrung von Geld ohne wertschöpfende Arbeit stellt langfristig eine ernste Gefahr für die Funktionsfähigkeit eines Geldsystems dar.

Was ist passiert?

Kurz zusammengefasst und stark vereinfacht: Die Bankguthaben der Großanleger wuchsen aufgrund des übermächtigen Zinseszins-Effektes und steigender Konzernprofite sprunghaft an. Das liegt unter anderem daran, dass die Gewinne der Großunternehmen gehortet wurden, statt sie z.B. in die Löhne der Mitarbeiter zu investieren. Um die zugesicherten Zinsen auf die riesigen Bankguthaben (Passiva) zahlen zu können und gleichzeitig profitabler zu werden, begannen die Banken kurzerhand, mehr und mehr Kredite zu vergeben (Aktiva). Dabei wurden sie immer waghalsiger und verliehen Geld schließlich einerseits im großen Stil untereinander, andererseits an Institutionen und Privatpersonen, die ihre Schulden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zurück zahlen konnten, nicht zuletzt in Form von zweitklassigen Immobilien­krediten (Subprime-Kredite). Die Schuld­verschrei­bungen (verbriefte Wertpapiere) dieser unsi­cheren Kreditnehmer wurden auf verschlungenen Wegen (CDOs) an andere Banken und private Anleger überteuert weiterverkauft. Dabei half die systematische Überschätzung der Rückzahlungs­wahr­scheinlichkeit dieser gefährdeten Kredite mithilfe von eigennützigen Ratingagenturen. Überdies gingen die Banken eine Art Wettverträge ein, bei denen sie im Falle der Zahlungsunfähigkeit von Kreditnehmern hohe Summen verloren (CDS).

Dies alles wurde durch zunehmend freizügigere Gesetze und Regelungen stark vereinfacht. Zusätzlich manipulierten und fälschten zahlreiche Banken auch noch ihre Bilanzen. Die korrupten Aufsichtsbehörden drückten beide Augen zu. Als schließlich doch auffiel, welche enormen Risiken mit den Schuldverschreibungen verbunden waren, wurden diese Papiere schnell unverkäuflich. Banken, die zuviel Geld in diese Schuldverschreibungen investiert hatten, konnten ihren finanziellen Verpflichtungen plötzlich nicht mehr nachkommen, wurden also insolvent. Oder sie gerieten unter das gesetzlich vorgeschriebene Eigenkapital-Minimum und mussten von der Bankenaufsicht geschlossen werden. So verloren nicht wenige Anleger bei den betreffenden Banken große Teile ihrer Vermögen. Zu den Anlegern gehörten wiederum andere Banken, die auf diesem Wege ebenfalls schwere Verluste erlitten.


© R.-T. Kühnle / Pixelio :: Bankkrise ;-)

Nebenbei sei erwähnt, dass man manche dieser teils kriminellen Vorgänge in den Papieren der deutschen Bankenaufsichtsbehörde BaFin nachvollziehen kann. Da überrascht es wenig, wenn Bayerns Ministerpräsident Seehofer die dank Informations­freiheits­gesetz bisher frei zugänglichen BaFin-Akten dringend für die Öffentlichkeit sperren möchte und dafür viel Rückhalt im Bundesrat findet.

Wie oben angerissen, hängt die jetzige Misere stark mit dem (von den Banken eingeführten) Zinseszins zusammen. Dieser oft als Naturgewalt dargestellte Zusammenhang allerdings wird konsequent ignoriert und verschwiegen. Aber was bedeutet eigentlich Zinseszins und worin besteht das Problem?

Erklärung: Zins und Zinsesszins

Vom Zinseszins spricht man, wenn die Zinsen auf Bankguthaben nicht ausbezahlt, sondern dem Guthaben hinzugefügt werden. Dadurch wächst das zu verzinsende Bankguthaben stetig weiter. Dieses Wachstum verläuft exponentiell. Eine exponentielle Zahlenreihe ist z.B. die folgende: 1, 2, 4, 8, 16, 32, 64, 128, 256, 512, 1024. Dauerhaft exponentielles Wachstum wird meist funda­mental unterschätzt. Der ausgezeichneten Anschaulichkeit halber sei an dieser Stelle noch einmal auf das altbekannte Beispiel des sogenannten "Josephspfennigs" verwiesen:

Hätte Josef seinem Zögling Jesus im Jahr 1 ein Sparbuch zu fünf Prozent Jahreszins eröffnet und einen Pfennig eingezahlt, so wäre das Guthaben - Inflationen und Währungsreformen einmal ausge­klammert - bis zur Gegenwart auf eine Summe im Gegenwert von etwa 132 Milliarden Erdkugeln aus purem Gold angewachsen!

Dass exponentielles Wachstum nicht ewig anhalten kann, ist spätestens jetzt sicher jedem klar. Deshalb finden wir in der Natur exponentielles Wachstum meist auch nur zu Beginn eines Prozesses. Danach verlangsamt sich das Wachstum zusehends. Ein Finanzsystem, das - wie unser Zentralbankensystem - auf einem permanenten exponentiellen Wachstum von Vermögen und Schulden basiert, hat also automatisch ein eingebautes Verfallsdatum. In Anlehnung an das "Peak Oil" genannte globale Ölfördermaximum wird diesbezüglich auch immer häufiger von einem "Peak Credit" gesprochen, der etwa alle 60 bis 70 Jahre erreicht wird.

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Autor: Root   
Thema:  Krise, Wirtschaft
Veröffentlicht: 09.04.2009, 14:51 Uhr

Dienstag, 31. März 2009

Wie vernichtet man 40 Billionen Euro?

Die Mehrheit der Menschen auf der Welt arbeitet für Geld. Viele hoffen auf Geld. Manche leben für Geld. Und etliche Leute leben von dem Geld, das andere erarbeiten. Zum Beispiel die meisten Banker. Aber kaum ein Mensch hat sich je Gedanken darüber gemacht, was Geld eigentlich ist, wie es entsteht, funktioniert und verschwindet.

Bezüglich der aktuellen Finanzkrise ist die Rede davon, dass 50 Billionen Dollar bzw. 40 Billionen Euro vernichtet wurden. In Ziffern: 40.000.000.000.000 Euro. Zum Vergleich: Das wären in Deutschland etwa 487.000 Euro pro Kopf. Aber wie kann man denn Geld vernichten? Und dann auch noch in solch rauen Mengen? Haben die Banken den ganzen Winter über mit Geldscheinen geheizt? Normalerweise wandert Geld doch immer nur vom Säckel des einen in das Säckel eines anderen, oder? Auf welche Weise geht dabei denn etwas verloren? Kurioser Weise kommt an dieser Stelle selbst mancher Wirtschaftsprofessor ins Stocken. Denn auch in der Wirt­schaftstheorie denkt kaum ein Wissenschaftler über das Wesen des Geldes nach. Es wird als natürliche Rahmenbedingung vorausge­setzt.

Das ist freilich völliger Unsinn. Denn Geld ist eine menschliche Erfindung. Und seine Mechanismen basieren auf menschlichen Vereinbarungen. Diese Absprachen und die daraus abgeleiteten Strukturen (Banken, Börse etc.) werden Geld- oder Finanzsystem genannt. Aber diejenigen, die für diese Konventionen verantwortlich sind, haben kein Interesse daran, dass die Menschen das Finanz­system verstehen. Im Gegenteil. Laut einem Artikel des Monats­magazins American Mercury vom Oktober 1957 soll Henry Ford, der Gründer der US-amerikanischen Ford-Automobilwerke einmal sinn­gemäß gesagt haben:

"Es ist gut, dass die Menschen unseres Landes unser Banken- und Finanzsystem nicht verstehen. Denn ich glaube, wenn sie es verstehen würden, gäbe es eine Revolution noch vor morgen früh."

Wer der Finanzkrise auf die Schliche kommen will, der muss sich ein bisschen mit der absurden Funktionsweise unseres Finanzsystems auseinander setzen. Ein guter Anfang dafür ist die folgende Zeichentrick-Dokumentation mit dem Titel "Warum überall Geld fehlt - Gib mir die Welt plus 5 Prozent". Sie gibt die tatsächliche Entwicklung des Bankwesens anhand der fiktiven "Geschichte vom Gold­schmied Fabian" sehr anschaulich wieder.

Zum Ansehen des hier hinterlegten Filmchens bedarf es eines aktuellen Flash-Plugins.

In etwas besserer Vollbild-Qualität lässt sich dieser Film übrigens auf der Webseite NeueImpulse.org abspielen.

Autor: Root   
Thema:  Krise, Wirtschaft
Veröffentlicht: 31.03.2009, 23:54 Uhr

Wird eigentlich alles immer schlimmer? "Ja!" stöhnen die ewig Gestrigen zusammen mit den Welt­untergangs­fanatikern und Kultur­pessimisten im Chor. Verdrängt ist die Zeit vor 1950, vergessen das Buch "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch", das man einst in der Schule las. Oder wird vielmehr alles besser? "Natürlich!" hört man die Kant-geschädigten Fortschritts­anbeter und die unverbesser­lichen Optimisten sagen. Ausgeblendet ist der Fakt, dass die ver­hängnis­vollsten Kriege und die größten Völkermorde ein Phänomen der Neuzeit sind. Aber beide Überzeugungen bleiben in Wahrheit ohnehin recht substanzlos und ragen nicht sehr tief ins reelle Leben hinein. Wer würde schon wirklich unbesehen in eine Epoche der Vergangenheit oder Zukunft umziehen, wenn sich ihm die Gelegen­heit dazu böte?

Offenbar müssen wir uns mit dem Wissen begnügen, dass sich unsere Welt vor allem zyklisch verändert. Dinge entstehen und vergehen wieder. Hundertfach. Gleichzeitig. Gegenläufig. In einer Hinsicht geht es aufwärts, in einer anderen bergab. An einem Ende der Erde arbeiten sich die Menschen nach oben, am anderen richten sie sich gerade zugrunde. Wann das große Finale dieser Welt im Terminkalender des Schöpfers steht, muss uns vielleicht gar nicht so sehr kümmern. Die individuelle Apokalypse - der eigene Tod - ist uns vermutlich viel näher und lässt sich auch wesentlich besser einkalkulieren. Darüber sollten wir uns weder mit rosigen Zukunfts­fantasien, noch mit atemloser Endzeit­hysterie hinweg täuschen.


© Eremit :: Endzeit

Doch so logisch dies alles sein mag, so fern liegt es uns meist, die notwendigen Schlüsse zu ziehen. Irgendwie lässt uns die Vernunft im Stich, sobald wir mit den wichtigen Fragen konfrontiert werden. Was ist der Sinn deines Lebens? "Entschuldigung, ich muss zur Arbeit!" Was möchtest du am Ende erreicht haben? "Frag mich das doch nicht gerade jetzt im Supermarkt!" Was passiert eigentlich nach dem Tod mit dir? "Verdirb mir bitte nicht mitten beim Essen den Appetit!" Wie kannst du deine Zeit auf der Erde sinnvoll nutzen? "Tut mir leid, ich bin völlig übermüdet!" Aber erst, wenn wir diese Fragen beantwortet haben, können wir uns einigermaßen unbefangen der Realität widmen.

Und die Wirklichkeit unserer Tage sieht so aus, dass wir uns vorsichtshalber auf eine Verschlechterung der Lage einstellen sollten. Denn derzeit gibt es mehrere akute und reale Bedrohungen für Deutschland und Europa, darunter:

  • Eine Eskalation der Finanzkrise
  • Die massive Zunahme genmanipulierter Nahrung
  • Die Verteuerung von Lebensmitteln und Wasser
  • Die schleichende Einrichtung einer EU-Diktatur

Das schreibe ich nicht, um mit dem uns Deutschen so lieb gewordenen Pessimismus vom Fernsehsofa aus eine neue Unter­gangs­stimmung zu schüren. Vielmehr möchte ich ankün­digen, dass sich die Beiträge dieses Blogs in nächster Zeit überwiegend mit jenen Gefahren auseinander setzen werden. Nicht zuletzt, um mit einer nüchternen Analyse unserer derzeitigen Entwicklungs­situation dem Ausbruch von kontraproduktiver Panik vorzubeugen und statt­dessen unkomplizierte und vernünftige Möglichkeiten zur Vorsorge aufzuzeigen. Aber weckt das nicht trotzdem Ängste? Das kann passieren. Ein gesundes Maß an Angst verlängert jedoch gewöhnlich das Leben. Weil sie uns umsichtig macht. Und weil sie uns nach dem suchen lässt, das wirklich Halt verspricht. Jenseits von Geld und Wohlstand, abseits von Einfluss und Ansehen, unabhängig von Schönheit und Gesundheit.

Zum Schluss noch ein Zitat von Erich Kästner:

"Wird's besser?
Wird's schlimmer?"
fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich:
Leben ist immer
lebensgefährlich.

Autor: Root   
Thema:  Gesellschaft, Gott, Krise
Veröffentlicht: 28.03.2009, 23:06 Uhr

von Otmar Schwalbe

Mandy besitzt eine Bar in Berlin-Kreuzberg. Um den Umsatz zu steigern beschließt sie, die Getränke der Stammkundschaft (hauptsächlich alkoholkranke Hartz-IV-Empfänger) auf den Deckel zu nehmen, ihnen also Kredit zu gewähren. Das spricht sich in Kreuzberg schnell herum und immer mehr Kundschaft desselben Segments drängt sich in Mandys Bar. Da die Kunden sich um die Bezahlung keine Sorgen machen müssen, erhöht Mandy sukzessive die Preise für den Alkohol und erhöht damit auch massiv ihren Umsatz.

Der junge und dynamische Kundenberater der lokalen Bank bemerkt Mandys Erfolg und bietet ihr zur Liquiditätssicherung eine unbegrenzte Kreditlinie an. Um die Deckung macht er sich keinerlei Sorgen, er hat ja die Schulden der Trinker als Deckung.

Zur Refinanzierung transformieren topp ausgebildete Investment­banker die Bierdeckel in verbriefte Schuldverschreibungen mit den Bezeichnungen SUFFBOND®, ALKBOND® und KOTZBOND®. Diese Papiere laufen unter der modernen Bezeichnung SPA (Super Prima Anleihen) und werden bei einer usbekischen Online-Versicherung per E-Mail abgesichert. Daraufhin werden sie von mehreren Rating-Agenturen (gegen lebenslanges Freibier in Mandys Bar) mit ausgezeichneten Bewertungen versehen. Niemand versteht zwar, was die Abkürzungen dieser Produkte bedeuten oder was genau diese Papiere beinhalten aber dank steigender Kurse und hoher Renditen werden diese Konstrukte ein Renner für institutionelle Investoren.

Vorstände und Investmentspezialisten der Bank erhalten Boni im dreistelligen Millionenbereich. Eines Tages, obwohl die Kurse immer noch steigen, stellt ein Risk-Manager (der inzwischen wegen seiner negativen Grundeinstellung selbstverständlich entlassen wurde) fest, dass es an der Zeit sei, die ältesten Deckel von Mandys Kunden langsam fällig zu stellen. Überraschenderweise können weder die ersten noch die nächsten Hartz-IV-Empfänger ihre Schulden, von denen viele inzwischen ein Vielfaches ihres Jahreseinkommens betragen, bezahlen. Solange man auch nachforscht, es kommen so gut wie keine Tilgungen ins Haus. Mandy geht Konkurs. SUFFBOND® und ALKBOND® verlieren 95%, KOTZBOND® hält sich besser und stabilisiert sich bei einem Kurswert von 20%.

Die Lieferanten hatten Mandy extrem lange Zahlungsfristen gewährt und zudem selbst in die Super Prima Anleihen investiert. Der Wein- und Schnapslieferant gehen Konkurs, der Bierlieferant wird dank massiver staatlicher Zuschüsse von einer ausländischen Investorengruppe übernommen. Die Bank wird durch Steuergelder gerettet. Der Bankvorstand verzichtet für das abgelaufene Geschäftsjahr auf den Bonus.

In diesem Sinne: Prost

Autor: Otmar   
Thema:  Krise, Wirtschaft
Veröffentlicht: 09.02.2009, 18:07 Uhr

Freitag, 23. Januar 2009

Was ist eine Bad Bank?

Seit Mitte 2007 befindet sich das Weltfinanzsystem in der Krise. Schuld daran ist das profitgierige, arrogante, kurzsichtige und offenkundlich halsbrecherische Geschäftsgebaren der Banken, die sich mit ihrem windigen Schuldenhandel am Rande der Legalität gründlich verzockt haben. Und nun ziehen die untergehenden Banken die gesamte Wirtschaft mit herunter, weil sie ihrer eigentlichen Aufgabe - nämlich Geld sicher zu verwahren und Kredite zu vergeben - nicht mehr nachkommen wollen und können.

In letzter Zeit hört man aber immer wieder von einem cleveren Vorschlag, wie man die Banken recht wirkungsvoll kurieren könnte. Z.B. Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, ist ein lautstarker Befürworter dieses Ansatzes. Dazu sollen von Staats wegen sogenannte "Bad Banks" (schlechte/faule Banken) eingerichtet werden.

Was heißt das im Klartext? Der Staat (das sind also wir) eröffnet eine Institution, die den Banken all jene Wertpapiere abkauft, die in etwa den Wert von Toilettenpapier besitzen. Statt sie aber auch zum Preis von Klopapier zu kaufen, bezahlt der Staat dafür - sagen wir - etwa 250 Milliarden Euro. Das sind reichlich 3000 Euro pro Einwohner bzw. gut 6200 Euro pro erwerbstätigem Einwohner Deutschlands. Da wir diese 250 Milliarden Euro leider gar nicht haben, borgen wir sie uns von eben jenen notleidenden Banken (Unwort des Jahres 2008). Für diesen Kredit zahlen wir den Banken bei einem geschätzten Zinssatz von 3,2 Prozent ganze 8 Milliarden Euro Zinsen pro Jahr. Das wird bis zur Abschaffung des Euro so bleiben, da wir nie irgendwelche Schulden zurück zahlen. Dafür ist nämlich gar kein Geld übrig. Nach 32 Jahren haben wir dann mit 256 Milliarden Euro schon mehr Zinsen gezahlt, als wir eigentlich Schulden bei den Banken haben. Die 250 Milliarden Euro schulden wir den Banken dann allerdings immer noch weitest gehend. Dafür dürfen wir nach ein paar Jahren versuchen, die Wertpapiere wieder zu veräußern - voraussichtlich zum Preis von wirklich luxuriösem Klopapier. Mit viel Glück tilgen wir mit dem Erlös einen kleinen Teil unserer Schulden bei den Banken. In der Zwischenzeit erzählen uns die mit unseren Steuergeldern sanierten Banken, dass wir unbedingt Geld in unserem viel zu großzügigen Sozialsystem sparen müssen, damit wir wenigstens die Zinsen auf den großen Rest unserer Schulden weiter abzweigen können.

Das klingt alles absurd, überspitzt, weit hergeholt oder viel zu sehr vereinfacht? Dummerweise ist es trotzdem die Wahrheit.

Autor: Root   
Thema:  Krise, Politik, Wirtschaft
Veröffentlicht: 23.01.2009, 15:19 Uhr

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