Samstag, 26. September 2009

Bundestagswahl: Gegen die Vergesslichkeit

Morgen findet also wieder das Highlight unseres bundesweiten Demokratie-Theaters statt. Wir dürfen wählen, wer in unserem Land weiter macht wie bisher. Mit dem Marketing-Spektakel der letzten Wochen haben die vier großen Parteien (alphabetisch: CDU, Grüne, FDP, SPD) darüber hinweg zu täuschen versucht, dass sie unter den Gesichtspunkten von Moral, Kompetenz und Vertrauens­würdigkeit längst nicht mehr wählbar sind. Bedauerlicher Weise zieht diese Masche bei vielen Mitbürgern noch immer. Die bisherigen Regie­rungs­parteien tun einfach so, als stünden sie für etwas ganz Neues und lassen den Kunden - Entschuldigung - Wähler vergessen, dass sie in der Vergangenheit die meisten wichtigen Versprechen gebrochen, eine katastrophale Politik geführt und das Volk verkauft haben. Alle vier Jahre bemühen sie sich um eine kollektive Polit-Amnesie der Wähler - und haben Erfolg.

Gedächtnisstütze

Hier einige kleine Anhaltspunkte, um dem Gedächtnis wieder auf die Sprünge zu helfen: Eine schwarz-gelbe Regierung brachte unser florierendes Land mithilfe riesiger Schulden in die Gewalt der Banken und glänzte mit intensivem Waffenschmuggel in die Krisengebiete der ganzen Welt. Eine rot-grüne Regierung holte von der Industrie bezahlte Leute in die Ministerien und setzte damit neue Maßstäbe in Sachen Polit­korruption. Eine rot-grüne Regierung erlaubte nachweislich giftige Gentechnik in unserer Nahrung und beteiligte unser Land an verfassungs­widrigen Angriffskriegen im Kosovo und in Afghanistan. Eine rot-grüne Regierung betrieb mit Steuer-Umstruktu­rierungen und Hartz-Gesetzen die systematische Aufsplittung Deutschlands in Arm und Reich. Eine rot-grüne Regierung ruinierte mit der Entfesselung von Hedgefonds große Teile unserer Wirtschaft und ebnete der aktuellen Finanzkrise mit der weiteren Liberalisierung des Geld­marktes den Weg. Eine schwarz-rote Regie­rung initiierte die Schaffung eines Über­wachungs­staats, unterschrieb den Vertrag von Lissabon und setzte damit ohne Volksabstimmung unser Grundgesetz außer Kraft.

Alternativen

Wer besagte vier Parteien jetzt nicht mehr wählen möchte, aber nach der Benutzung von "Wahlhelfern" wie Wahl-O-Mat.de oder Wen-Waehlen.de auch nur ratlos aus der Wäsche guckt, der muss sich nun keineswegs ins Bockshorn jagen lassen und dem militanten Flügel des Verfas­sungs­schutzes (NPD) zur Macht verhelfen. In dieser zermürbenden Lage seien ihm - neben der Linken noch zwei junge, frische Parteien mit tragfähigen Konzepten ins Bewusstsein gerufen:

ÖDP

Die 1982 gegründete Ökologisch-Demokratische Partei präsentiert sich als glaubwürdige Alternative zu den Grünen. Sie verbindet in ihrem Parteiprogramm eine fortschrittliche Umweltpolitik mit umfassendem Verbraucherschutz und einem traditionellen Familien­verständnis. Um politisch unabhängig zu bleiben, nimmt sie als einzige Partei in Deutschland ausdrücklich keine Firmenspenden an. Aktuell zählt die ÖDP rund 6500 Mitglieder.

Piratenpartei

Die noch sehr junge, etwa 9000 Mitglieder starke Piratenpartei hat sich die Verteidigung der freiheitlichen Bürgerrechte und der modernen Informations­gesellschaft auf die Fahnen geschrieben. Sie tritt an gegen Über­wachungs­staat, Patent­missbrauch und die entwicklungs­feind­liche Form des Urheberrechts. Sie engagiert sich für einen rundherum freien Zugang zu Informationen und Bildung und für einen transparenten Staat. Ihr Name lehnt sich an die bekannten Kampagnen von Film- und Musikindustrie an, in denen im Zusam­menhang mit dem Copyright-Thema immer wieder von Piraterie die Rede war. Die schwedische Schwesternpartei gleichen Namens erhielt übrigens bei der jüngsten Europawahl 7,1% der Stimmen.

Weitere Parteien

Einen guten Überblick über die zur Wahl stehenden Parteien bietet die Bundes­zentrale für politische Bildung. Die Partei D-BÜ (Demo­kra­tische Bürger­bewegung) erhielt mit ihrem interessanten Mit­gliedskonzept im Rahmen einer umstrittenen Entscheidung des Bundeswahl­ausschusses leider keine Zulassung zur Bundestagswahl 2009. Ihre Mitglieder fordern in erster Linie mehr Basisdemokratie in Deutschland, also beispielsweise die im Grundgesetz vorge­sehene, langersehnte Einführung von bundesweiten Volksabstim­mungen.

Wahlstrategie

Wer aus rein taktischen Erwägungen (Stichworte: Fünf-Prozent-Hürde, verschenkte Stimme) keine kleine Partei wählen möchte, der sei darauf hingewiesen, dass er so allerdings dazu beiträgt, die politische Bedeutungs­losigkeit interessanter, kleiner Parteien zu zementieren.

Wahlbenachrichtigungskarte

Jene Menschen, die seit mehreren Tagen verzweifelt ihren gesamten Hausrat nach der ver...legten Wahlbenach­richtigung durchpflügen, können übrigens ganz beruhigt sein. Man darf seine Stimme nämlich auch ohne diese Karte im zuständigen Wahllokal abgeben.

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Autor: Root   
Thema:  Politik
Veröffentlicht: 26.09.2009, 17:16 Uhr

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