Freitag, 14. September 2007

Mythos Evolution

In letzter Zeit häuft sich in verschiedenen Ländern - vielleicht ausgelöst durch eine Debatte in den USA - die öffentliche Kritik an der modernen Evolutions­theorie (und Abiogenese), also der eta­blierten wissen­schaft­lichen Lehre von der selbständigen Entwicklung des Lebens hin zu den heutigen Arten. Dabei sind weder Evolutionstheorie noch gegensätzliche Überzeugungen besonders neu.

Schon aus dem 6. Jahrhundert vor Christus ist von Anaximander die Vorstellung überliefert, der Mensch habe mit allen Tieren gemein­same, fischartige Vorfahren, die im Meer lebten. Und Aristoteles glaubte, dass Fische und Insekten aus Schlamm oder faulendem Fleisch entstehen könnten und dass unsere Fingernägel Relikte von Klauen seien, die der Mensch einst brauchte, als er noch auf allen Vieren lief.

Andererseits kannte fast jede Religion eine Schöpfungs­geschichte, die die Entstehung allen Lebens auf einen Gott zurückführte. Und der französische Arzt Louis Pasteur zog aus seinen Experimenten bereits im 19. Jahrhundert den Schluss, dass Leben niemals spontan, sondern immer nur aus bereits existierendem Leben ent­stünde ("Omne vivum e vivo"). Dieses Prinzip der sogenannten Biogenese ist übrigens noch heute Grundlage jeglicher Sterilisation.

Belege für eine Evolution

Inzwischen lässt sich die von Darwin beobachtete Evolution längst nachweisen. Es gibt natürliche Auslese ("Survival of the fittest") und es gibt Variationen innerhalb der Arten. Daran lassen Darwinfinken und Co. wenig Zweifel. Dennoch ist die Kritik an Evolutions- und Abstammungstheorie nicht aus der Luft gegriffen. Und alter­na­tive Ansätze sind keineswegs das Produkt fanatischer Religions­anhänger, verblendeter Wissenschaftler und unseriöser Meinungs­macher. Denn die bekannten Fälle von evolutionärer Entwicklung belegen höchstens das, was teils als Mikroevolution bezeichnet wird: Nämlich Ausdiffe­renzierung und Spezialisierung in der Tier- und Pflanzen­welt. Dagegen gibt es bisher noch keinerlei Belege für eine tatsächliche Aufwärtsentwicklung - oft auch Makroevolution ge­nannt. Noch nie konnte in einem sich selbst überlassenen System eine Zunahme an Komplexität beobachtet werden. Und es ist schon eine etwas überzogene Behauptung, dies sei selbstverständlich nur eine Frage der äußeren Bedingungen und des Beobach­tungszeit­raums.

Die Rolle der Fossilien

Die einzigen Hinweise auf eine mögliche Entwicklung des Lebens von einfachen zu immer komplizierteren Arten liefert die Paläontologie. Von etlichen Ausnahmen abgesehen, findet man bei Grabungen in tieferen Sedimen­tschichten die Fossilien primitiverer Lebensformen als in höheren Ablagerungs­schichten - zumindest innerhalb der Tierwelt. Aber ist die stete Weiterentwicklung des Lebens wirklich die einzig mögliche Erklärung für dieses Phänomen?

Und was ist mit den Übergangs­formen zwischen den einzelnen Klassen der Fauna und Flora? Noch immer wird oft von "Missing Links" (fehlenden Binde­gliedern) gesprochen - offenbar zu Recht. Denn kaum eine dieser mutmaßlichen Zwischenstufen in der Entwicklung des Lebens ist unumstritten. Regelmäßig stellt sich heraus, dass es sich doch "nur" um Sonderformen einer spezifischen Klasse handelt. So entpuppt sich der (zudem noch lebende) Quastenflosser bei genauerem Hinsehen als sonderbarer Fisch und der Archaeopteryx als seltsamer Vogel. Selbst die Einordnung des Australopithecus als entwicklungs­geschichtliches Bindeglied zwischen Affenartigen und Menschen­artigen wird mittlerweile wieder sehr kontrovers diskutiert.

Unab­hängig davon weisen diese sogenannten Mosaikformen keinerlei Übergangs­merk­male auf. Was nach wie vor fehlt, sind Lebewesen mit halb entwickelten Organen. Selbst verschwommene Art­grenzen und gehäufte Missbildungen sucht man - trotz der zentralen Bedeutung von Mutation für die Evolutions­theorie - im nunmehr riesigen Fossilien­bestand der Paläontologen vergebens.


© Luidger :: Archaeopteryx bavarica

Der Ursprung des Lebens

Darüber hinaus gibt es noch ganz andere Probleme, deren Klärung sich als extrem schwierig erweist. Selbst wenn wir für einen Moment davon ausgehen, dass sich die allem Leben zugrunde liegende Materie spontan aus dem Nichts bildete, so bleibt doch der Ursprung aller Information (DNA) ein Rätsel. Und auch das Leben selbst scheint eine eigene Qualität zu besitzen, mit der sich die Biologen kurioser Weise ebenso wenig auseinander setzen, wie die Psychologen mit der Seele. Was unterscheidet einen lebendigen Grashalm von einem toten Grashalm? Materie und Information können durchaus noch dieselbe sein. Lebendigkeit an von uns definierten Symptomen wie Stoffwechsel und Fort­pflanzungs­fähigkeit festzumachen ist daher nur ein trivialer Zirkelschluss nach dem Schema: Um Leben handelt es sich, wenn es aussieht wie Leben. Das Leben eines Menschen ist jedoch zweifellos mehr als nur sein funktionierender Stoffwechsel. Was setzt den Stoffwechsel in Gang, was hält ihn am Laufen?

Wissenschaft oder Legende

Nun stellt sich die Frage, ob alternative Ansätze und Hypothesen prinzipiell unwissenschaftlicher sind, als die derzeit anerkannte Evolutionstheorie. Hier muss man zunächst klären, was eine gute wissenschaftliche Hypothese ausmacht. In den modernen Wissen­schaften hat man sich diesbezüglich auf Karl Poppers Kriterium der Falsifizie­rbarkeit (Widerlegbarkeit) geeinigt. Danach taugt eine Annahme oder Theorie nur dann zur wissenschaftlichen Arbeit, wenn sie widerlegbar formuliert wird. So gilt selbst jedes Naturgesetz nur bis zum Bekanntwerden eines Gegenbeispiels. Und da wird es beim Glauben an einen Schöpfer des Universums tatsächlich schwierig. Um diese Theorie zu widerlegen, müsste man schließlich den Beweis dafür antreten, dass es kein transzendentes (übersinnliches) Wesen gibt, das unsere Welt erschaffen hat. Dieser Nachweis ist (aus erkenntnistheoretischen Gründen) völlig unmöglich.

Aber wie steht es eigentlich um die Theorien zur Evolution in dieser Hinsicht? Sind sie widerlegbar? Dazu müsste man ggf. beweisen, dass Lebewesen niemals spontan entstehen (chemische Evolution, Abiogenese) oder sich zu komplexeren Lebensformen weiterent­wickeln (biologische Evolution) - unabhängig vom gesteckten Zeit­rahmen und den äußeren Bedingungen. In Anbetracht der begrenzten menschlichen Lebenszeit und dem u.a. zwangsläufig auf die Gegen­wart beschränkten Forschungs­radius muss dies ebenfalls als unmög­lich angesehen werden. So werfen gerade die histo­rischen Aspekte der Evolutionstheorie ein großes Falsifikations­problem auf: Da es nicht möglich ist, sichere Rückschlüsse auf eine mutmaßlich Jahr­millionen und Jahrmilliarden zurück liegende Vergangenheit zu ziehen, scheidet ein stichhaltiger Gegenbeweis unter erkenntnis­theoretischen Gesichtspunkten aus.

Behelfsweise kann eine wissenschaftliche Theorie aber auch über einen Umweg falsifizierbar gestaltet werden. Dazu verknüpft man das Theoriegebäude mit logisch abgeleiteten, widerlegbaren Einzel­annahmen. Erweisen sich diese sogenannten Subhypothesen dann als falsch, gilt auch die Ausgangstheorie als widerlegt. Die Evolutions­theorie wurde allerdings bisher nie von falsifizierbaren Ableitungen abhängig gemacht, sondern wird seit jeher völlig losgelöst von widerlegten und widerlegbaren Subhypothesen aufrecht erhalten.

Genaugenommen ist also auch die Evolutionstheorie in ihrer Gesamtheit unwissenschaftlich (das heißt Spekulation) und folglich einem Schöpfungsglauben wissenschaftlich nicht überlegen. Ent­sprechend können wir überhaupt nicht ausschließen, dass es sich dabei lediglich um einen weitverbreiteten Mythos der Moderne handelt. Einen skurrilen Irrtum gar, der ggf. noch viel schwerer aufzuklären sein dürfte, als die zur Zeit von Kopernikus in der Wissenschaft vorherrschende Überzeugung, dass sich das Universum um die Erde drehe.

Glaubensprobleme

Handelt es sich aber bei der Evolutionstheorie tatsächlich um einen weltan­schaulichen Glauben, dann ist er in wenigstens einer Hinsicht allen göttlichen Erklärungsmodellen unterlegen. Er liefert nämlich nur sehr unbefriedigende Antworten auf drei wichtige Fragen der Menschen: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Und was ist der Sinn unseres Daseins?

Links zum Thema:

Autor: Root   
Thema:  Gott, Wissenschaft
Veröffentlicht: 14.09.2007, 14:29 Uhr

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